Lasst den Faschismus sein!
Es gibt Wörter für politische Systeme, und es gibt Schimpfwörter. Das Wort Faschismus ist beides. Und es krankt daran, dass sich Politologen nicht recht darauf einigen können, welche Charakteristika auf ein System zutreffen müssen, damit man es faschistisch nennen kann. Kann man die Diktatur im autoritären Ständestaat von 1934 bis 1938 als Austrofaschismus bezeichnen? Darüber sind sich ÖVP und SPÖ bis heute nicht einig, das hat zum andauernden Streit über ein Haus der Geschichte beigetragen. Auch deshalb war es nicht klug von Andreas Khol, zu behaupten, Österreich sei unter dem – zuerst von der ÖVP aufgestellten! – Präsidenten Thomas Klestil „knapp vor einer präfaschistischen Präsidentendiktatur“gestanden. Noch weniger klug war es nun von Norbert Hofer, seinem Konkurrenten Alexander Van der Bellen zu unterstellen, er wolle ein „faschistischer grüner Diktator“sein. So etwas hat ein seriöser Politiker nicht zu sagen, auch nicht in der Hitze des Wahlkampfs. Schon gar nicht, wenn er Bundespräsident werden will: Dieses Amt beruht geradezu auf Mäßigung im Ton und besonnenem Umgang mit heiklen Wörtern.