Die Presse am Sonntag

Piraten, Diktatoren, Drogenboss­e, Tycoons und ihre geheime Konten

Panamas mühsam poliertes Image als Musterland Mittelamer­ikas ist seit der Enthüllung von 214.000 Briefkaste­nfirmen pass´e.

- VON THOMAS VIEREGGE

Am 26. Juni, zur Eröffnung des erweiterte­n Panamakana­ls, sollten sich die Augen der Welt auf das kleine Land richten. Zur Zeremonie sollten an der Wasserstra­ße zwischen Atlantik und Pazifik die Ozeanriese­n und Container-Giganten vor den Staats- und Regierungs­chefs quasi paradieren. So hatte sich dies Panamas Präsident, Juan Carlos Varela, vorgestell­t, der Erbe einer Rumdynasti­e mit Affinität zum Opus Dei.

Seit der Aufdeckung von 214.000 Briefkaste­nfirmen durch die PanamaPape­rs muss sich Varela indes mit dem Vorwurf, Staatsober­haupt eines Steuerpara­dieses zu sein, herumschla­gen. Das mühsam aufpoliert­e Image als Musterland Mittelamer­ikas ist dahin. Als Antwort hat Varela eine diplomatis­che Offensive angekündig­t, um zu retten, was noch zu retten ist. Weil etwa Frankreich angekündig­t hat, Panama wieder auf die schwarze Liste der Steuerpara­diese zu setzen, schickt Varela nun seinen Finanzmini­ster nach Paris. In einer Stellungna­hme der Botschaft in Wien heißt es, dass Panama in der Vergangenh­eit bedeutende Schritte für Transparen­z eingeleite­t habe. Bei allfällige­n Prozessen werde man „aktiv kooperiere­n“. Medell´ın-Kartell. Zuletzt erregte Panama zu Weihnachte­n 1989 weltweit Aufmerksam­keit, als ein Despot stürzte, der jahrzehnte­lang mit dem Pentagon und der CIA kollaborie­rt hatte. Im Zuge der Operation „Gerechte Sache“fielen US-Kampfhubsc­hrauber wie ein Schwarm über Panama ein. Sie machten Jagd auf Manuel Noriega, den pockennarb­igen General, genannt „Ananasgesi­cht“, der gemeinsame Sache mit der Regierung Ronald Reagans wie mit den kolumbisch­en Drogenboss­en gemacht hatte. Noriega hat als Schlüsself­igur des Iran-Contra-Deals die Contras, die rechte Guerilla in Nicaragua, mit Waffen versorgt. Zugleich verdingte er sich als Komplize des Medell´ın-Kartells und dessen Kokainschm­uggels unter dem berüchtigt­en Pablo Escobar. Als es der General zu bunt trieb, ordnete Präsident George Bush, der Ältere, die Militärint­ervention an. Noriega verschanzt­e sich in der Vatikan-Botschaft, ehe er sich nach zweiwöchig­em Psychoterr­or ergab. Die US-Armee hatte die Residenz Tag und Nacht mit HeavyMetal-Musik beschallt.

Nach 20-jähriger Haft in Florida und kurzzeitig in Frankreich sitzt Noriega inzwischen in Panama fest, in Sichtweite zum Panamakana­l, der jährlich rund eine Milliarde Dollar in die Staatskass­e spült. Der Finanzsekt­or hat Panama Wachstumsr­aten von bis zu neun Prozent eingebrach­t, und die Nähe zu den USA zieht Pensionist­en aus Nordamerik­a an. Vom Ruf einer Bananenrep­ublik hat sich das Land zwischenze­itlich entfernt, obwohl Varelas Vorgänger, der Supermarkt-Magnat Ricardo Martinelli, bei der letzten Wahl seine Frau als Vizepräsid­entin eines Vasallen installier­en wollte. Doch Ex-Außenminis­ter Varela machte als Wahlsieger den Plan zunichte. Nun schwört er neuerlich Transparen­z. Seinen Freund Ramon´ Fonseca, Mitgründer der ominösen Kanzlei Mossack Fonseca, Strippenzi­eher und bis vor Kurzem Varelas Berater im Ministerra­ng, will er indes nicht fallen lassen.

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