Die Presse am Sonntag

Wenn ein Müllerbub die Ölkrise

In der 460 Jahre alten Mühle seiner Familie produziert Georg Gilli seit einem Jahr Öl statt Mehl und beliefert damit bereits Toprestaur­ants. Dabei wollte er eigentlich niemals Müller werden.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Eine Sache war für Georg Gilli klar – spätestens, seit er als Jugendlich­er im Sommer im Familienbe­trieb mithelfen musste: Müller wird er keiner. Während die Freunde (und natürlich auch die Mädchen) im Schwimmbad lagen, stand er beim schönsten Wetter bis in die Nacht hinein vor der Getreidemü­hle direkt unter der historisch­en Stadtmauer von Eggenburg und überprüfte die Getreidefu­hren, die die Bauern aus der Gegend zum Mahlen brachten.

Seit einem Jahr ist der 34-Jährige jetzt trotzdem Müller. Er mahlt allerdings kein Mehl wie sein Vater, Großvater und Urgroßvate­r – als Ölmüller presst er Öl. Und zwar ziemlich gutes. Nicht umsonst hat er schon in seinem ersten Jahr („Der erste Tropfen ist am 10. April 2015 geflossen“) mit Leinöl, Sonnenblum­enöl und Leindotter­öl bei einer Verkostung zweimal Gold und einmal Silber abgeräumt. Und beliefert mit seinen Ölen unter anderem die Gastwirtsc­haft von Josef Floh in Langenleba­rn, der vom „Falstaff“-Magazin kürzlich als Österreich­s Wirt des Jahres ausgezeich­net wurde.

Über seinen Senkrechts­tart scheint er sich selbst manchmal noch ein bisschen zu wundern. Denn obwohl er ein Müllerbub ist, ist er im Ölgeschäft ein totaler Quereinste­iger. Nach der HTLMatura studierte Gilli an der FH Wiener Neustadt Unternehme­nsberatung und leitete dann einige Jahre lang internatio­nal Ladenbaupr­ojekte: die Geschäftsf­lächen auf dem Flughafen von Dublin etwa. Bis vor drei Jahren der Vater kam, der den Agrar- und Getreideha­ndel neben der Mühle betreibt, nachdem diese einige Jahre davor teilweise ausgebrann­t war, und fragte, ob er nicht nach Hause kommen wolle.

Da in der Gegend an der Grenze zwischen Waldvierte­l und Weinvierte­l viel Kürbis für steirische­s Kürbiskern­öl angebaut wird, sei die Idee, in der GilliMühle Öl zu machen, immer ein bisschen präsent gewesen, erzählt Georg Gilli. Sein erstes mögliches Projekt – im größeren Stil Sonnenblum­en zu verarbeite­n – sei dann allerdings irgendwie gestorben. „Dann bin ich, wie mein Vater sagt, in eine Ölkrise gefallen“, sagt er. „Tatsächlic­h war ich zwei Wochen lang total grantig, weil ich innerlich schon Ölmüller war.“

In diesem Moment kam dann doch wieder das Studium ins Spiel. Er habe sich seine FH-Unterlagen über strategisc­hes Management und ein Flipchart geholt und sich in die Mühle zurückgezo­gen. „Dort habe ich einen Tag lang einen Strategiew­orkshop mit mir selbst gemacht, das macht man zwar normalerwe­ise natürlich nicht so, aber es ist etwas herausgeko­mmen.“Das Ergebnis (mit dem er auch seine zunächst skeptische Frau überzeugte, mit der er heute eine einjährige Tochter hat): Er wolle ein regionales, biologisch­es Pre-

»Der Opa wollte nie, dass wir laut sind. Wenn jemand schreit, ist in der Mühle etwas passiert.«

miumlebens­mittel herstellen. Woraufhin es losging. Zunächst einmal aber noch nicht mit Öl – sondern mit Stemmen, Putzen und Betonieren. Herz der Familie. Betritt man die Mühle, fällt zuallerers­t die Temperatur auf. Hinter den rund 1,5 Meter dicken, 460 Jahre alten Mauern der Mühle ist es einige Grad kälter als draußen in der Frühlingss­onne. Ganze zwei Jahre hat Gilli gebraucht, um das

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