E überwindet
vierstöckige Gebäude – das heute auch eine Art kleines Museum ist, das er für Besucher öffnet – nach seinen Vorstellungen herzurichten. Alle paar Schritte deutet er auf irgendein Element aus der Vergangenheit: Die einstige Eingangstüre der Mühle verschließt heute sein Büro. Die hölzernen Bodenbretter, die er herausreißen musste, funktionierte er zu einem Tisch um. „Lauter solche Spinnereien halt, aber damit würdigt man eben auch die Mühle.“
Sie sei früher das Herz der Familie gewesen – auch, wenn sie für ihn als Kind eigentlich tabu war. Der Großvater habe es gar nicht gemocht, wenn dort gespielt wurde. Noch weniger, wenn die Kinder beim Spielen laut waren. „Wenn jemand schreit, ist in der Mühle etwas passiert“, sagt Gilli. Mehr als ein Finger ist dort in der Vergangenheit beim Aufziehen der Transmissionsriemen abgezwickt worden. Meditatives Pressen. Heute ist es in der Mühle fast ganz still, abgesehen von einem klackenden Geräusch, ungefähr alle 30 Sekunden. Gilli presst gerade Leinöl („Der Lein ist das Heiligtum unter den Ölen – weil es das heikelste und Raffinierte Öle: Dabei werden gemahlene Früchte, Samen und Kerne unter Wärmezufuhr (über 100 °C) ausgepresst bzw. wird das Öl mit Extrahieren (mithilfe von Lösungsmitteln) herausgezogen. Die Öle werden danach raffiniert, um sie von Begleitstoffen zu befreien. Sie sind preiswerter, länger haltbar und können in der Küche erhitzt werden. Viele Vitamine und wertvolle Inhaltsstoffe gehen bei der Herstellung verloren. Kalt gepresste Öle werden ohne Wärmezufuhr durch Druck und Reibung aus der Pflanze gepresst (dabei können Temperaturen bis zu 70 °C entstehen). Die Öle werden nur gefiltert. Sie sind geschmacksintensiver, weniger lang haltbar und werden für kalte Speisen verwendet. Sie enthalten fettlösliche Vitamine und Linolsäure (mehrfach ungesättigte Fettsäure). Native Öle sind naturbelassene, kalt gepresste Öle. das hochwertigste ist“). Das Geräusch entsteht, wenn der sogenannte Presskuchen – also das, was von der Leinsaat übrig bleibt, nachdem das Öl herausgepresst wurde – durch ein Metallrohr in einen Papiersack im Erdgeschoß fällt. Die eigentliche Ölmühle nimmt kaum Platz ein: ein paar Metallgerätschaften in einem kleinen Raum im ersten Stock, oben die Leinsaat, in der Mitte die sogenannte Schnecke, an die vierzig Zentimeter lang, die in etwa so wie ein Fleischwolf funktioniert. Unten rinnt ein dünner Strahl intensiv gelben Öls heraus. Sehr langsam: In acht Stunden kommen acht Liter zusammen.
„Das Ölpressen ist nicht sehr spektakulär, es ist eher meditativ“, sagt Gilli. Auch seine Mengen sind nicht gewaltig: Im Vorjahr hat er ab dem wirklichen Start der Produktion im August 180 Liter Öl gepresst, heuer bis jetzt an die 200 Liter. Seine Öle sind allesamt kalt gepresst („Damit auch die ganzen Inhaltsstoffe drinbleiben, beim Leinöl geht es besonders um die Omega-3-Fettsäuren“), je nach Sorte sollen sie an frisch geschnittene Wiesen, grünen Pfeffer oder Erbsen erinnern. Die größte Überraschung beim Kosten ist für die meisten aber das Sonnenblumenöl. Das – anders als die Supermarktware – nämlich tatsächlich nach Sonnenblumenkernen schmeckt. Bis jetzt ist das Öl eigentlich immer gelungen. „Mein großes Glück war der Pressenbauer“, sagt er. Ihn ruft er an, wenn er an der Produktion feilen will. „Er redet auch so gern wie ich – und dann ratschen wir halt ein bisschen.“ Hanf und Haselnuss. Zentral sei aber eines: der Rohstoff, das Ausgangsprodukt, also die Saaten. Die, die er derzeit verarbeitet, werden alle im Umkreis von wenigen Kilometern biologisch angebaut. Ein Biobauer ein paar Orte weiter produziert extra für Gilli, seit er gehört hat, dass dieser Öl macht.
Manches holt sich der Ölmüller auch aus dem Betrieb der Eltern nebenan. „Wenn ein Bauer mit Sonnenblumenkernen drüben auf die Waage fährt, greife ich mir eine Handvoll und koste einmal. Wenn sie gut sind, mache ich ein Öl daraus.“
Bei den derzeitigen vier Ölsorten – neben Lein, Leindotter und Sonnenblume presst Georg Gilli auch Öl aus den Samen der Färberdistel, einem Korbblütler, dessen gelbe Blüten im Mittelalter zum Färben von Speisen verwendet wurden – soll es übrigens nicht bleiben. Interessieren würden ihn auch Hanf oder Haselnuss, meint er. „Aber eigentlich alles, was an Saaten in Österreich wächst.“
»Das Ölpressen ist nicht sehr spektakulär, es ist eher meditativ.«