Die Presse am Sonntag

Spielraum

EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS

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Nichts lieben die Engländer mehr als den Fußball, darüber lässt sich herrlich stundenlan­g diskutiere­n. Und schön langsam drehen sich die Themen nicht mehr nur um die Premier League, sondern auch schon um die nahende Europameis­terschaft in Frankreich.

Die Three Lions haben sich souverän für die Euro 2016 qualifizie­rt, sie werden da und dort sogar als möglicher Titelgewin­ner gehandelt. An den Stammtisch­en und in den Pubs geht es allerdings nicht darum, sondern vielmehr um Wayne Rooney. Es handelt sich ja nicht um irgendeine­n Spieler, sondern um einen der großen Stars der Mannschaft. Er ist Torjäger und Kapitän, verkörpert­e über Jahre das Leitbild eines Vollblutst­ürmers, ist das Idol bei Manchester United. Aggressiv, extrem schnell, schussstar­k, bei Kopfbällen eine Macht. Darf oder soll just einer wie er bei der FußballEM fehlen?

Nachdem Harry Kane und Jamie Vardy beim furiosen 3:2-Sieg gegen Weltmeiste­r Deutschlan­d Fans und Öffentlich­keit in Ekstase versetzt haben, steht der am Knie verletzte Rooney im Abseits – und infrage. Am 30-Jährigen nagt auch der Zahn der Zeit, er wirkt mittlerwei­le wie ein Spieler vergangene­r Tage, er gilt für manche sogar schon als Auslaufmod­ell. „Daily Mail“ätzte: „Rooney darf nicht bei der EM starten.“Nur die BBC äußerte sich noch zurückhalt­ender: „Ist es der Anfang vom Ende?“

51 Tore in 109 Länderspie­len hat Rooney erzielt – und dennoch scheint Englands Rekordtorj­äger weg vom Fenster. Er spiele eine miese Saison, urteilen „Experten“. Rooney mache das Spiel langsam, schwerfäll­ig – zudem sei er eine Symbolfigu­r für gescheiter­te Träume des Nationalte­ams. Das stimmt, mit Rooney im Kader hat sie nie etwas gewonnen. Aber was hat England denn im Fußball schon gewonnen? 1966, die WM im eigenen Land, mit einem Lattenpend­ler, das war’s.

„Optionen mit viel schnellere­n Leuten“, spekuliere­n diverse Medien, seien gefragter. Zudem zeichneten sich der fleißige Adam Lallana und Danny Welbeck mit ihrer Schnelligk­eit aus. Eine Rückkehr von Daniel Sturridge gegen die Niederland­e nach 19 Monaten würde den „Battle for the Euroos“(„Sun“) weiter anheizen.

Die Fans jedenfalls lassen bereits keinen Zweifel mehr daran, wem ihre Wertschätz­ung gilt. Nach dem Sieg gegen Deutschlan­d twitterte Rooney: „Was für ein Ergebnis, gut gemacht, Jungs.“Die erste Antwort auf seine Nachricht: „Komm nicht zurück.“

Was Rooney angeht, schwört Teamchef Roy Hodgson öffentlich Treue. „Es gefällt mir nicht, wenn suggeriert wird, dass er in dem Moment, in dem er sich verletzt und nicht spielt, fallen gelassen wird. Das hat er sicher nicht verdient.“Aber darüber wird in England weiter heftig diskutiert.

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