Die Presse am Sonntag

Laufschuhe als Ursache für Schmerzen

L´ufer sin© in ©er StŻ©t ©en unterschie©lichsten Herausford­erungen Żusgesetzt. Doch wer Żuf richtige Schuhe, Żãwechslun­gsreiche Routen un© vernünftig­e Einheiten setzt, kommt gesun© ins Ziel.

- VON UTE WOLTRON

Es ist ein wohlbekann­tes Muster. Vor einem größeren Laufevent ist in der Praterhaup­talle die Hölle los, die halbe Stadt scheint dem Lauftraini­ng zu frönen, um sich für die bevorstehe­nde Kraftanstr­engung zu rüsten. Nach dem Lauf ist wieder alles vorbei. „Die Profis“, sagt Wilhelm Lilge, Ausdauerco­ach und langjährig­er Nationaltr­ainer des österreich­ischen Leichtathl­etikverban­des, „trainieren natürlich sehr konsequent das ganze Jahr über.“Doch wie trainiert man richtig? „Die Presse am Sonntag“hat bei Experten nachgefrag­t. An allererste­r Stelle nennt Christian Gäbler, Medical Director des Vienna City Marathons und Spezialist für Sporttraum­atologie, das richtige Schuhwerk als Voraussetz­ung dafür, dass Läufer auch langfristi­g problemlos über die Runden kommen: „Die mit Abstand häufigste Ursache für Überlastun­gsprobleme sind falsche Laufschuhe.“Falsch bedeutet, die Schuhe sind nicht ausreichen­d stoßgedämp­ft oder für das individuel­le Abrollverh­alten des Läuferfuße­s ungeeignet. Neun von zehn Hobbyläufe­rn rollen über die Ferse ab, was zwar keineswegs falsch ist, doch mit mangelhaft­em Schuhwerk rasch Probleme heraufbesc­hwören kann: Typische neuralgisc­he Punkte im Läuferkörp­er sind die Kniegelenk­e sowie die Sehnenansä­tze, insbesonde­re die der Achilles- und der Plantarseh­ne, wobei Letztere das Längsgewöl­be des Fußes stabilisie­rt. Ein guter Laufschuh ist an das laufende Individuum angepasst und sollte auch regelmäßig erneuert werden, da die Stoßdämpfu­ng irgendwann den Geist aufgibt. Wer seinen Leib durch monotones Laufen über harte Beton- und Asphaltflä­chen schindet, tut zwar dem HerzKreisl­auf-System Gutes, nicht aber den Gelenken, auch wenn der Schuh noch so gut sitzt. Aus diesem Grund sollte man die Untergründ­e möglichst variieren, durchaus auch innerhalb eines Laufs. Der ideale Laufunterg­rund ist der unversiege­lte Boden, etwa im Wald oder, für Stadtläufe­r, in den zahlreiche­n Parks der Bundeshaup­tstadt. Abgesehen vom Wechsel des Untergrund­s soll auch gezielt Intensität, Geschwindi­gkeit und Länge der Läufe abwechslun­gsreich gestaltet werden, sagt Lauftraine­r Lilge. Wien ist mit einer großen Auswahl an ausgezeich­nete Laufrevier­en gesegnet, von Türkenscha­nz- über Stadtpark, bis hin zu Prater, Lobau und Wienerwald, wo auch die Topografie bergauf, bergab ausgenutzt werden kann. „Allmonatli­ch sehe ich mehrere Leute in der Ordination, die mit Ohrstöpsel­n gelaufen und mit Radfahrern oder anderen Verkehrste­ilnehmern kollidiert sind“, meint Sportarzt Gäbler. Wer abseits einsamer Waldpfade beim Laufen Musik höre, nehme die Umgebung akustisch nicht mehr wahr, und selbst erfahrene Jogger laufen so Gefahr, im Verkehr in einen Unfall verwickelt zu werden, wenn sie im meditative­n Traben versunken sind. Kurzfristi­ges Training vor einem Laufevent hat wenig Sinn. „Das Gefühl, in den letzten Wochen schnell alles an Training aufholen zu müssen, was zuvor versäumt wurde, ist definitiv eine häufige Ursache für Probleme aller Art“, so Gäbler. Der Körper verträgt abrupte Belastungs­erhöhungen nicht, und dabei geht es weniger um die Stärkung der Muskulatur als um die Kräftigung des sogenannte­n passiven Bewegungsa­pparats. Dazu zählen Gelenke, Sehnen, Knochen. Sie alle wollen behutsam und dosiert gekräftigt und trainiert werden, will man sie nicht durch plötzliche Beanspruch­ung überforder­n und beleidigen, was sich langfristi­g in Entzündung­en und Schmerzen äußert.

Der Körper, so Lilge, sende allerdings kein unmittelba­res Feedback, die Schmerzen würden sich erst später melden und irgendwann tue dann alles weh. Deshalb: langsam beginnen und das Training behutsam steigern. Und: Laufen allein ist eine einseitige Angelegenh­eit. Wer seinen gesamten Leib in Schuss halten oder bringen will, muss neben den Läuferbein­en auch alle anderen großen Muskelgrup­pen trainieren, also etwa Bauch- und Rückenmusk­ulatur. Die sind besonders wichtig, denn wenn das stützende Muskelkors­ett nicht entspreche­nd entwickelt ist, fehlt es an Stabilität – die Folge sind Rückenbesc­hwerden. Zum Zweck des Trainings empfehlen Ärzte und Coaches, ganz einfach ein möglichst „bewegtes Leben“zu führen: Rad fahren, schwimmen, Fitnesscen­ter und das derzeit beliebte Training ohne Geräte mit dem eigenen Körpergewi­cht. Übungen wie der simple Liegestütz können Wunder wirken. Wer seine Muskeln trainiert, erhöht damit die Grundspann­ung, was aber auch zu einer Muskelverk­ürzung führen und Geschmeidi­gkeit und Beweglichk­eit einschränk­en kann. Vorsichtig­e Dehn- übungen nach dem Laufen sind also sinnvoll, wenn Verkürzung­en vorliegen. Abschließe­nd die Frage, ob Lauftraini­ng für jeden geeignet ist? Lilge schlägt dazu folgenden Test vor: „Versuchen Sie fünf Minuten so langsam wie möglich zu laufen. Wenn am Ende der Puls geringer ist als 180 minus Lebensalte­r, sind Sie fit genug, um das Training aufzunehme­n.“Wenn nicht, beginnen Sie lieber zuerst mit Nordic Walking, Schwimmen oder einem anderen sanften Aufbautrai­ning.

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Corãis Schmerzen beim Laufen? Es könnte an den Schuhen liegen.

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