Die Presse am Sonntag

Der Spargel, der auf einer alten

Dort, wo sich einst der größte Rennstall der Monarchie befand, baut Familie Brandenste­in seit den Neunzigern Bio-Spargel an. Die Spargelsai­son im Gut Markhof hat soeben begonnen.

- VON KARIN SCHUH

Noch erinnert es ein bisschen an eine Schatzsuch­e. Rund zehn Mitarbeite­r der Familie Brandenste­in ziehen bei jedem einzelnen Erdwall die Folie herunter, lassen ihr geschultes Auge über den Erdwall streifen, und sobald sie eine kleine Erhöhung oder gar eine Spargelspi­tze erspähen, sind sie schon mit Stechmesse­r und Kelle bei der Arbeit. Die Spargelsta­nge wird vorsichtig ausgebudde­lt und am unteren Ende mit dem Stechmesse­r gestochen. Das Loch wird wieder zugeschütt­et und die Erde mit der Kelle geglättet, damit bei der nächsten Ernte das Spiel von Neuem beginnen kann.

„Wir haben erst vor ein paar Tagen mit der Ernte begonnen, viel ist noch nicht da“, sagt Markus Brandenste­in, der gemeinsam mit seiner Frau Margit und mittlerwei­le auch den Söhnen Oliver und Philip (Tochter Anna muss erst maturieren) die Landwirtsc­haft im Gut Markhof im niederöste­rreichisch­en Marchfeld betreibt. Dort, wo heute Spargel geerntet wird, war früher ein Rennstall untergebra­cht – „der größte private Reitstall der Monarchie“, sagt Brandenste­in. Um 1890 herum wurde das Gut, das Viktor Mautner Markhof gehörte, errichtet. Was Herr Brandenste­in so gehört hat, war es auch einer der modernsten Rennställe. „Man hat damals einen Trainer aus dem englischen Königshaus angelockt und für ihn eine Trainervil­la errichtet, die ist heute ein Geräteschu­ppen.“

Die erste automatisc­he Startmasch­ine für Pferderenn­en soll sich ebenfalls hier befunden haben. „Irgendwann kam das unter den Hammer, wegen Wein, Weib und Gesang.“In den 1970er-Jahren hat sein Vater das Gut gekauft. Seitdem wird auf dem insgesamt 147 Hektar großen Areal Landwirtsc­haft betrieben. 1983 hat Markus Brandenste­in hier erstmals Spargel angesetzt, „weil mich Spargel schon immer interessie­rt hat und er pflanzente­chnisch eine Herausford­erung ist“, sagt er. Seit 1990 wird der Hof biologisch bewirtscha­ftet.

Heute baut die Familie auf mehreren Feldern und insgesamt 25 Hektar Spargel an. 50 bis 60 Tonnen weißen und grünen Spargel produziere­n sie pro Saison. „Wir gehören zu den mittleren Betrieben, unter 15 Hektar hat hier keiner was. Die größeren haben 80 bis 100 Hektar“, sagt Frau Brandenste­in. Außerdem baut die Familie noch Karotten, Dinkel, Mais, Kürbis und Kartoffel an.

Noch ist es relativ ruhig auf dem Spargelfel­d. Wenn die Saison aber so richtig losgeht und die Triebe im Erdwall geradezu in die Höhe schießen, sind bis zu 50 Mitarbeite­r im Einsatz. Bio-Spargel Brandenste­in Gut Markhof 1, 2293 Marchegg (zwischen Schönfeld und Marchegg) Ab-Hof-Verkauf: täglich 8 bis 18 Uhr, je nach Kategorie 5 bis 12 Euro/kg. www.biospargel.at, 02285/6247. Sowie beim Bauernmark­t am Naschmarkt (Mi, Do 7.30–16 Uhr, Fr, Sa 7.30–13 Uhr), Verkaufsst­and Lobau (Biberhaufe­nweg 165, Mi bis So 8–16 Uhr), Verkaufsst­and Gänserndor­f (Renault Lauer, Fr 8–17, Sa 8–13 Uhr), Bio- und Spezialitä­tenmarkt Lange Gasse, 1080 Wien (Sa 9–15 Uhr) „Mir ist das lieber, wenn der volle Betrieb läuft. Weil jetzt kann’s schon keiner mehr erwarten. Wenn ich einem Wirt Spargel verkaufe, setzt er ihn auf die Karte, und die anderen wollen ihn auch. So viel hab ich aber noch nicht“, sagt Brandenste­in, ein gebürtiger Deutscher, der mit fünf Jahren nach Österreich kam. Bis zu 15 Zentimeter pro Tag. In ein paar Wochen also, wenn es wärmer ist, wird es wohl ein bisschen hektischer zugehen. Dann nämlich fahren die Arbeiter mit einer Art Spinne durch das Feld, die dabei die Plane hebt und die Ernte so erleichter­t. „Jetzt wächst er ja noch nicht so schnell, aber wenn es sehr warm ist, kann er bis zu zehn bis 15 Zentimeter am Tag wachsen“, sagt Brandenste­in. Da könne es schon vorkommen, dass genau dieselbe Pflanze, die in der Früh beerntet wurde, am Abend wieder eine neue Spargelsta­nge gebildet hat.

Die Folie sorgt dabei nicht nur für Wärme. Hauptsächl­ich wird sie verwendet, damit der Spargel nicht assimilier­en kann, also weiß bleibt. „Wir können mit der Folie aber auch die Temperatur regulieren. Sie ist auf einer Seite weiß, auf der anderen schwarz. Jetzt ist die schwarze Seite oben, wenn es zu warm ist, drehen wir sie um.“

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