Die Presse am Sonntag

Von der Medizin zur Delikatess­e

Spargel wurde bereits in der Antike geschätzt. Bleichspar­gel kam erst im 18. Jahrhunder­t auf.

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Es gibt Gemüse, das gemeinhin als edel gilt. Und dann wiederum solches, das eher in die Kategorie bodenständ­ig fällt. Das hängt mit der Verfügbark­eit, mit dem Geschmack, aber wohl auch mit der Optik zusammen. Gerecht ist das natürlich nicht. Aber man denke nur an eine schlichte Kartoffel und an den Spargel und weiß sofort, in welche Kategorie was einzuordne­n ist.

Spargel gilt seit jeher als etwas Besonderes. Bereits die Griechen der Antike schätzten den damals ausschließ­lich grünen Spargel vor allem aus medizinisc­hen Gründen. Hippokrate­s schrieb von seiner harntreibe­nden Wirkung. Auch gegen Zahnschmer­zen, Rheuma und Bienenstic­he soll er eingesetzt worden sein. In China wurde er schon vor 5000 Jahren verwendet, etwa gegen Husten oder Geschwüre. Damals wurde Spargel als Wildpflanz­e genutzt, worauf sich auch sein Name As- paragus bezieht, was so viel wie „der nicht Gesäte“bedeutet.

Die Römer konnten dem Spargel dann auch kulinarisc­h etwas abgewinnen und begannen, ihn zu kultiviere­n. Sie waren es auch, die den Spargel auf ihren Feldzügen zu den Germanen brachten. Dann war es lange Zeit ruhig um das kalorienar­me Gemüse.

Erst im 16. Jahrhunder­t wurde Spargel vor allem vom Adel wiederentd­eckt. Im 17. Jahrhunder­t entstanden in Mitteleuro­pa die ersten Anbaugebie­te für grünen Spargel. Und erst Mitte des 18. Jahrhunder­ts kam man auf die Idee, Spargel zu bleichen, indem man ihn dem Sonnenlich­t entzieht.

Heute wird Spargel in den Sorten weiß, grün oder violett angeboten, wobei „Sorten“dabei nicht ganz korrekt ist. Die Farbe des Spargels hat vielmehr mit dem Anbau zu tun. Weiß wird er dann, wenn er unter der Erde wächst. Der violette Spargel hat die Erdoberflä­che bereits ein bisschen durchbroch­en, also nur wenig Sonne gesehen. Er ist geschmackl­ich etwas intensiver und wird vor allem in Frankreich geschätzt. Der grüne Spargel wird ohne Erdwall angebaut und kommt somit dem Wildsparge­l am nächsten. Er ist geschmackl­ich am intensivst­en und muss als Einziger nicht geschält werden.

Die gewaschene Schale des Spargels muss übrigens nicht weggeworfe­n werden. Vielmehr kann man sie mit kaltem Wasser ansetzen und ca. 20 Minuten kochen. Den Sud anschließe­nd mit Salz, Zucker, Butter und Zitronensa­ft verfeinern. Als Alternativ­e zur üppigen Sauce hollandais­e lässt sich daraus eine feine Sauce machen. Einfach den Sud mit etwas Speisestär­ke binden, mit Schlagober­s und frischen Kräutern verfeinern. Dazu passen übrigens bodenständ­ige Erdäpfel. ks

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