Spielraum
EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS
Derbys haben immer schon einen ganz besonderen Reiz gehabt. Nicht nur für die Fans, man denke nur an die Erinnerungen eines Johann K. oder Herbert Prohaska. Diese Generation wollte sich im Fall einer Niederlage tagelang nicht in der Öffentlichkeit zeigen, „wenn wir verloren haben, dann sind wir am liebsten unterirdisch heimgekommen.“So groß war manchmal die Schmach.
Diese Zeiten sind längst vorbei, diesmal geht es nur darum, wer die Nummer eins in Wien ist. Rapid und Austria haben in den vergangenen Wochen sportlich ein wenig abgewirtschaftet, das nimmt dem Derby die ganz spezielle Würze. Mit dem Meistertitel haben realistisch betrachtet weder Rapid noch Austria in dieser Saison etwas zu tun. Wir stehen vor einem Derby der Verlierer.
Die einen geben ein Spiel gegen Wolfsberg aus der Hand, die anderen sind nicht in der Lage, gegen Grödig eine Niederlage abzuwenden. Und müssen trachten, Admira letztlich wenigstens auf Distanz zu halten. Sonst gerät ein Europacupplatz auch noch in Gefahr – dann wäre die Blamage perfekt. Und die Hoffnung, dass mit Trainer Torsten Fink die Wende gelingt, dahin. Vom finanziellen Schaden ganz zu schweigen. Es wäre ein schwerer Schlag für den ganzen Verein, allen voran für Wolfgang Katzian, den Präsidenten – der träumt nämlich davon, dass die Austria wieder einmal in der Champions League spielt. Im Moment ist man davon al- lerdings sehr weit entfernt. Alles spricht für Salzburg, so dumm kann sich die Mannschaft von Oscar Garc´ıa gar nicht anstellen, dass sie den Meistertitel nicht gewinnt. Er selbst blockt noch ab, aber es stellt sich da kein ernst zu nehmender Rivale mehr in den Weg. Der Ausgang des Wiener Derbys ist in diesem Zusammenhang völlig unerheblich. Damit müssen Rapid und Austria leben – leben lernen. Die Hütteldorfer lenken sich vorerst mit dem neuen Stadion und dem Eröffnungsspiel gegen Chelsea ab, der Austria bleibt noch der Cup.
Man würde den Salzburgern Unrecht tun, wenn man den nahenden Meistertitel nur darauf zurückführen würde, dass ihn die Wiener Großklubs ordentlich vergeigt ha- ben. Salzburg hat zwar nicht immer geglänzt, aber sich die wenigsten Ausrutscher geleistet. Man ist in Österreich immerhin nahezu unschlagbar. Man ist der Liga-Krösus und verfügt über die besten Spieler. Torjäger Soriano wird Schützenkönig, Keita wird der nächste Spieler sein, mit dem Red Bull viel Geld verdient. Er zieht so auffallend im Mittelfeld die Fäden, dass er bald für ausländische Klubs interessant wird.
Was Salzburg braucht, das ist eine erfolgreiche Qualifikation für die Champions League. Das würde dem ganzen österreichischen Fußball guttun. Bleibt nur viel Losglück bei der Auslosung zu wünschen.