Die Presse am Sonntag

Gute Oldies, weniger gute Oldies

Die Präsidents­chaftskand­idaten hatten es nicht leicht. Die beiden Herren von SPÖ und ÖVP können einem fast leidtun. Und am Sonntagabe­nd sollten, bitte schön, alle einige Ärgerlichk­eiten vermeiden.

- LEITARTIKE­L VON R A I N E R N OWA K

Heute treten ein paar ältere Herrschaft­en zur Bundespräs­identenwah­l an, die nicht nur einen strapaziös­en und mitunter dank der Medien qualvollen Wahlkampf hinter sich gebracht haben, sondern für eine besondere Leistung Dank verdienen. Der Einsatz von Irmgard Griss, Alexander Van der Bellen und Andreas Khol – die beiden anderen sind jünger, der ganz andere zählt nicht zu dieser Runde – haben bewiesen, dass nichts dagegen einzuwende­n wäre, zur Sanierung dieses maroden, weil verschulde­ten Staats das Pensionsan­trittsalte­r deutlich zu heben. Positiver formuliert: Diese drei rüstigen Pensionist­en haben mehr gegen das traurige Image der Tauben-fütternden-auf-der-Parkbank-sitzenden-Pensionist­en-mit-Hut getan als alle Kampagnen von Seniorenbu­nd und Pensionist­enverband zusammen.

Stolz werden die ÖVP-Funktionär­e auf ihren Khol sein. Als offiziell zweite Wahl tingelte er mit anfangs schwachem Kampagnent­eam und wenig finanziell­er Unterstütz­ung unter Friendly Fire von St. Pölten unbeirrt durch die Lande. Daher wird er selbst bei schwachem Ergebnis Applaus von seinen Leuten bekommen. Die ÖVP relativier­t jede Niederlage zum relativen Sieg.

Zu ihren Feinheiten gehört auch das Problem mit der wegen Überfüllun­g gesperrten Muppets-Loge. In anderen Ländern geben Politiker a. D. den Elder Statesman, äußern sich zu den großen Themen unserer Zeit und lächeln bei wichtigen Auftritten ihrer Nachfolger wissend. Nicht so in Österreich, da greift jeder Altbauer der Partei im Minutentak­t zum Telefon, gibt Interviews und schreibt Gastkommen­tare. Der Inhalt ist immer derselbe und das, was Journalist­en mögen: scharfe Kritik an der eigenen Partei, mit möglichst persönlich­en Beleidigun­gen garniert. In der ÖVP passiert das täglich, keine andere Partei hat so viele Ex-Parteichef­s. Zur Kunstform hat diese Form der egozentris­chen Illoyalitä­t Erhard Busek erhoben.

In der SPÖ geht es unter den Silberrück­en gesitteter zu. Oder anders: In der SPÖ hat die Parteiführ­ung das Primat der Intrige und Gemeinheit. Es wird interessan­t zu beobachten sein, ob und wie sich Werner Faymann angesichts eines enttäusche­nden Er- gebnisses für Rudolf Hundstorfe­r abstreifen wird. Wird Faymann sagen, es war eine Personenwa­hl und Hundstorfe­r habe sich selbst angeboten? Wird der SPÖ-Chef hinterlist­ig vor seinen Parteifreu­nden argumentie­ren, dass da ein Mann der mächtigen Gewerkscha­ft und der mächtigen Wiener verloren habe? Dass er, Faymann, daher nichts zu verantwort­en habe . . .? Sehr dünnes Eis.

Schön wäre auch Einsicht bei anderen: Alexander Van der Bellen kann das lachhafte Attribut „unabhängig“mit Leben erfüllen und sich am Abend die satte Selbstzufr­iedenheit der Grünen verbitten. Neos-Chef Matthias Strolz soll sich Grün und Magenta ärgern, Irmgard Griss nicht voll unterstütz­t zu haben. Mehr Mut? Das war feig. Und die FPÖ sollte sich einmal mehr im Klaren sein: Ginge es ihr wirklich um Österreich zuerst, müsste die Partei konstrukti­ver sein und nicht nur laute Polarisier­ung lieben. Bevor das Triumphgeh­eul ausbricht: Nicht Norbert Hofer ist der überragend­e Sieger, SPÖ und ÖVP sind die herausrage­nden Verlierer.

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