Gute Oldies, weniger gute Oldies
Die Präsidentschaftskandidaten hatten es nicht leicht. Die beiden Herren von SPÖ und ÖVP können einem fast leidtun. Und am Sonntagabend sollten, bitte schön, alle einige Ärgerlichkeiten vermeiden.
Heute treten ein paar ältere Herrschaften zur Bundespräsidentenwahl an, die nicht nur einen strapaziösen und mitunter dank der Medien qualvollen Wahlkampf hinter sich gebracht haben, sondern für eine besondere Leistung Dank verdienen. Der Einsatz von Irmgard Griss, Alexander Van der Bellen und Andreas Khol – die beiden anderen sind jünger, der ganz andere zählt nicht zu dieser Runde – haben bewiesen, dass nichts dagegen einzuwenden wäre, zur Sanierung dieses maroden, weil verschuldeten Staats das Pensionsantrittsalter deutlich zu heben. Positiver formuliert: Diese drei rüstigen Pensionisten haben mehr gegen das traurige Image der Tauben-fütternden-auf-der-Parkbank-sitzenden-Pensionisten-mit-Hut getan als alle Kampagnen von Seniorenbund und Pensionistenverband zusammen.
Stolz werden die ÖVP-Funktionäre auf ihren Khol sein. Als offiziell zweite Wahl tingelte er mit anfangs schwachem Kampagnenteam und wenig finanzieller Unterstützung unter Friendly Fire von St. Pölten unbeirrt durch die Lande. Daher wird er selbst bei schwachem Ergebnis Applaus von seinen Leuten bekommen. Die ÖVP relativiert jede Niederlage zum relativen Sieg.
Zu ihren Feinheiten gehört auch das Problem mit der wegen Überfüllung gesperrten Muppets-Loge. In anderen Ländern geben Politiker a. D. den Elder Statesman, äußern sich zu den großen Themen unserer Zeit und lächeln bei wichtigen Auftritten ihrer Nachfolger wissend. Nicht so in Österreich, da greift jeder Altbauer der Partei im Minutentakt zum Telefon, gibt Interviews und schreibt Gastkommentare. Der Inhalt ist immer derselbe und das, was Journalisten mögen: scharfe Kritik an der eigenen Partei, mit möglichst persönlichen Beleidigungen garniert. In der ÖVP passiert das täglich, keine andere Partei hat so viele Ex-Parteichefs. Zur Kunstform hat diese Form der egozentrischen Illoyalität Erhard Busek erhoben.
In der SPÖ geht es unter den Silberrücken gesitteter zu. Oder anders: In der SPÖ hat die Parteiführung das Primat der Intrige und Gemeinheit. Es wird interessant zu beobachten sein, ob und wie sich Werner Faymann angesichts eines enttäuschenden Er- gebnisses für Rudolf Hundstorfer abstreifen wird. Wird Faymann sagen, es war eine Personenwahl und Hundstorfer habe sich selbst angeboten? Wird der SPÖ-Chef hinterlistig vor seinen Parteifreunden argumentieren, dass da ein Mann der mächtigen Gewerkschaft und der mächtigen Wiener verloren habe? Dass er, Faymann, daher nichts zu verantworten habe . . .? Sehr dünnes Eis.
Schön wäre auch Einsicht bei anderen: Alexander Van der Bellen kann das lachhafte Attribut „unabhängig“mit Leben erfüllen und sich am Abend die satte Selbstzufriedenheit der Grünen verbitten. Neos-Chef Matthias Strolz soll sich Grün und Magenta ärgern, Irmgard Griss nicht voll unterstützt zu haben. Mehr Mut? Das war feig. Und die FPÖ sollte sich einmal mehr im Klaren sein: Ginge es ihr wirklich um Österreich zuerst, müsste die Partei konstruktiver sein und nicht nur laute Polarisierung lieben. Bevor das Triumphgeheul ausbricht: Nicht Norbert Hofer ist der überragende Sieger, SPÖ und ÖVP sind die herausragenden Verlierer.