Graz grüßt Griss, wenn auch weniger
Irmgard Griss hat in der steirischen Hauptstadt Heimvorteil. Doch in Graz ist bei Wahlen imme
„Wien ist anders“, plakatiert die Bundeshauptstadt gern. Dabei würde der Spruch eigentlich besser zur zweitgrößten österreichischen Stadt passen. Denn zumindest wenn es um Politik geht, ist in Graz einiges anders als in Rest-Österreich.
Wenn es bei der heutigen Präsidentschaftswahl weder Rot noch Schwarz auf die ersten beiden Plätze schafft, mag das vielerorts ein Novum sein. Nicht so in Graz. In der Murmetropole hat sich das schon bei der Nationalratswahl 2013 ereignet, als die Grünen Erster, die Blauen Zweiter wurden.
Graz ist aber auch die Stadt, in der die Bürger ihr Stimmverhalten leicht einmal ändern. Das zeigen etwa die Gemeinderatswahlen: Die ÖVP, in den 1990er-Jahren hinter Rot und Blau nur auf Nummer drei, ist nun unter Siegfried Nagl die unangefochtene Bürgermeisterpartei. Die SPÖ, die einst den beliebten Stadtchef Alfred Stingl stellte, liegt jetzt bei höchst bescheidenen 15 Prozent. Und damit sogar deutlich hinter den Kommunisten. Auch die FPÖ durfte schon zehn Jahre lang (1973 bis 1983) mit Alexander Götz den Bürgermeister stellen. Ausgangssituation vor der Hofburgwahl
Die Grazer achten offenbar mehr als andere Österreicher auf den Kandidaten, den eine Partei aufstellt. Kaum trat Stingl nicht mehr an, fiel die SPÖ von Platz eins. Dem Kommunisten Ernest Kaltenegger gelang es hingegen einst, mit persönlichem Engagement die tot geglaubte Partei in den Gemeinderat zu führen. Und das in einer eher bürgerlichen Stadt. Doch nicht nur der Arbeiter vom ärmeren rechten Murufer, sondern auch die Frau Hofrätin aus dem Villenviertel am linken Murufer fand es plötzlich schick, für den engagierten Kommunisten zu stimmen. Es muss ja nicht immer die ÖVP sein. Grazer mögen es persönlich. Gerade das Abstellen auf die konkreten Kandidaten dürfte Irmgard Griss zugutekommen, kann sie sich doch als unabhängig präsentieren. Dazu kommt, dass die aus der Weststeiermark stammende Kandidatin ihren Wohnsitz in Graz hat und dort viele Jahre ihres Lebens verbracht hat. Aber auch Norbert Hofer kann auf ein gutes Ergebnis hoffen, ist Graz doch ein traditioneller freiheitlicher Boden. Alexander Van