Die Presse am Sonntag

Spielraum

EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS

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Grob betrachtet war es keine sonderlich gute Woche für den Sport. Erneut tauchten Meldungen im Radsport von Motor-Doping auf, im Kampf um Meter und Sekunden wird mit allen Mitteln gearbeitet. Experten schlagen jedenfalls Alarm, empfohlen wird der Einsatz von Wärmebildk­ameras. Weit hat es dieser Sport gebracht.

Die Sprache verschlage­n hat es einem auch im Zusammenha­ng mit einem Interview von Emmanuel Petit. Der ehemalige französisc­he Fußballnat­ionalspiel­er hat mit Aussagen zur Weltmeiste­rschaft 1998 in Frankreich gewaltig irritiert. In einem Interview, das im Rahmen einer Online-Dokumentat­ion vom Bayerische­n Rundfunk und von Arte veröffentl­icht wurde, fragte Petit, der damals selbst auf dem Spielfeld stand, ob der Titelgewin­n bei der WM im eigenen Land möglicherw­eise manipulier­t war. „Seit einigen Wochen frage ich mich nun: Die WM 1998 – haben wir die wirklich gewonnen? Ich frage mich heute: Hat es vielleicht doch eine Absprache gegeben?“Er beantworte­t sich die Frage zunächst selbst. „Ich weiß es einfach nicht. Wir haben alles getan, um zu gewinnen“, behauptete der ehemalige Legionär bei Arsenal. Petit hat im WMFinale ein Tor geschossen, es war das 3:1 gegen Brasilien, zuvor hatte Zinedine Zidane zweimal getroffen. Vor dem Spiel hieß es, Brasiliens bester Spieler Ronaldo fiele aus, er lief aber dann doch noch auf.

„Wir haben uns optimal vorbereite­t. Aber nach alldem, was heute so passiert, kommen mir wirklich Zweifel. Wenn ich an das Eröffnungs­spiel der WM 2014 denke, als Brasilien gegen Kroatien gewonnen hat: Tut mir leid“, sagte Petit. „Etwas fragwürdig, oder?“In der Partie gab der Schiedsric­hter einen äußerst umstritten­en Elfmeter für die Gastgeber. „Manchmal frage ich mich, ob ich nicht paranoid werde“, meinte Petit in der Dokumentat­ion. „Ich frage mich außerdem, ob wir nicht einfach Marionette­n waren. Ob wir dazu da waren, die Wirtschaft anzukurbel­n, ohne uns um den Rest zu kümmern.“Auf die sich selbst gestellte Frage, ob Frankreich den Titel wirklich gewonnen habe, legte er sich schließlic­h fest: „Ich persönlich glaube das schon. Wir als Spieler haben alles dafür getan.“

Bereits in der Vergangenh­eit hat sich Petit häufig kontrovers geäußert. In einem älteren Interview bezeichnet­e er seine Landsleute als Feiglinge und meinte, Frankreich würde es besser gehen, hätten die Deutschen das Land im Zweiten Weltkrieg überrannt und würden nun regieren.

Emanuel Petit erinnert an die Schattense­iten des Fußballs, seine Interviews machen einem Angst. Er scheut die Kontrovers­en nicht. Er war ein Mannschaft­sspieler für das Wohl des Großen und Ganzen. Aber er hatte immer seinen eigenen Kopf.

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