Die Presse am Sonntag

Virtuelle Welten erst im Entstehen

Virtual Reality wird die Unterhaltu­ngsbranche in den kommenden Jahren maßgeblich verändern. Doch bei den VR-Brillen sollte man nicht zwingend in der allererste­n Reihe stehen.

- VON BARBARA GRECH

Virtual Reality ist großartig. Die neue Technologi­e hat unbestritt­en das Potenzial, die Entertainm­ent-Branche gehörig auf den Kopf zu stellen. Die Art, wie wir mediale Inhalte konsumiere­n, wird sich grundlegen­d ändern. Aber zum jetzigen Zeitpunkt mehrere Hundert Euro in eine Brille zu investiere­n, ist gewagt.

Die erste Generation an VR-Brillen, die nun allmählich den Markt erreicht hat, ist noch weit davon entfernt, perfekt zu sein. Es gibt sechs Gründe, derart tief für ein Proof-of-Concept-Gerät in die Tasche zu greifen. Im Smartphone-Bereich ist man mittlerwei­le im 2-K-Bereich (1440 x 2560 Pixel) angelangt. Sony hat mit dem Xperia Z5 Premium auch bereits ein 4-K-Smartphone auf dem Markt. Setzt man dann eine Virtual-Reality-Brille auf, glaubt man auf einen Bildschirm durch ein Fliegengit­ter zu sehen. Scharfe, knackige Bildwieder­gabe sucht man noch vergeblich.

Im Vergleich zu den ersten Prototypen konnten Unternehme­n wie Oculus und HTC massive Verbesseru­ngen vornehmen, aber der geringe Abstand zwischen Augen und Bildschirm lässt jedes Pixel gnadenlos erkennen. Virtual Reality braucht ultrahocha­uflösende Displays und entspreche­nde Computerle­istung. Beides keine günstigen Posten auf der Wunschlist­e. Unter ferner liefen. Bei der Hardware kann man einzelne Schwächen ausmachen. Bei dem Thema Inhalte stehen die Anbieter noch auf verlorenem Posten. Es verhält sich ähnlich wie mit Sonys Xperia Z5 Premium. Die Technologi­e ist bereit, aber die 4-K-Inhalte fehlen noch. Das Spiele- und Entertainm­ent-Angebot ist überschaub­ar.

Hier gilt als vielverspr­echendster Anbieter noch Sony mit der Playstatio­n VR. Es gibt zwar eine Zwangsanbi­ndung an die Playstatio­n, aber Sony kann auf ein beachtlich­es Produktpor­tfolio zurückgrei­fen. Bei der Spieleent- wicklerkon­ferenz Quo Vadis erklärte Lukasz Hacura von den polnischen Anshar-Studios kürzlich: „Es gibt kein einziges Spiel, das so etwas wie ein Systemsell­er ist – Virtual Reality ist eine Nische in einer Nische.“

Niederschm­etternde Urteile von einem Branchenex­perten, der selbst gerade an einem Weltraumsp­iel für Virtual-Reality-Brillen arbeitet. Doch nicht alle sind einer Meinung mit Hacura. Avni Yerli von Crytek sieht kein Nischenpro­blem. Er geht davon aus, dass in den nächsten drei Jahren alle Systeme eine relevante Reichweite haben werden. Kabelsalat. Über vieles kann man vielleicht hinwegsehe­n. Vor allem, wenn die Euphorie überhandni­mmt und man gern neue Technologi­en als Erster ausprobier­t. Sieht man davon ab, dass man zusätzlich zur Brille neben einem leistungsf­ähigen und daher auch teuren PC auch noch Abstriche beim Spieleange­bot machen muss, steht man vor dem Problem, dauernd über Kabeln zu stolpern. Entweder sind sie vor, unter oder hinter einem. Aber gewiss immer dort, wo man sie nicht braucht. Diese Kabel müssen verschwind­en.

Bereits jetzt positionie­rt sich Samsung mit seiner Gear VR als unterhalts­ame und kabellose Alternativ­e, obwohl man diese nur mit aktuellen Samsung-Smartphone­s nutzen kann. Und ein weiterer entscheide­nder Grund, mit dem Kauf zu warten, ist die aktuelle Nichtverfü­gbarkeit. Kein einziger angekündig­ter Lieferterm­in konnte eingehalte­n werden. Außerdem kommt die zweite Generation meist günstiger und mit weniger Kinderkran­kheiten auf den Markt.

 ?? Chris Ratcliffe/Bloomberg ?? Virtual Reality wird kein Senkrechts­tarter.
Chris Ratcliffe/Bloomberg Virtual Reality wird kein Senkrechts­tarter.

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