Die Presse am Sonntag

»Raus aus den Schubladen«

In »Monsieur Chocolat« spielt Omar Sy die Rolle des Rapha¨el Padilla, der Ende des 19. Jahrhunder­ts als erster schwarzer Clown Europas Furore gemacht, aber unter dem Rassismus der Gesellscha­ft gelitten hat. Ein Gespräch über Schubladen, Kämpfe und den Umz

- VON ERICH KOCINA

Berühmt wurde Omar Sy durch seine Rolle des Pflegehelf­ers Driss in „Ziemlich beste Freunde“. Seit dem Erfolg der Komödie im Jahr 2011 spielte er in mehreren französisc­hen Produktion­en, aber auch in Hollywood-Filmen wie „X-Men“und „Jurassic World“. Im auf wahren Begebenhei­ten basierende­n „Monsieur Chocolat“übernimmt Sy die Rolle des ersten schwarzen Zirkusclow­ns in Frankreich, der im 19. Jahrhunder­t mit seinem Partner Footit große Erfolge feiert, aber letztlich am Rassismus der Gesellscha­ft scheitert. Wie ging es Ihnen, als Sie zum ersten Mal von der Figur des Chocolat gehört haben? Omar Sy: Zuerst war es ein seltsames Gefühl. Dass dieser Mann mit seiner Geschichte wirklich existiert hat! Er hat etwas wirklich Großes für die Welt des Zirkus geleistet – aber man hat ihn komplett vergessen. Ich wollte, dass sich die Menschen wieder an ihn erinnern und ihn nicht wieder vergessen. Können Sie nachvollzi­ehen, wie es ihm damals gegangen ist – er war erfolgreic­h, aber wurde in der Gesellscha­ft nicht akzeptiert? Ich glaube nicht. Es ist für mich heute einfacher, als es etwa für Regisseur Roschdy Zem war, der zehn oder 15 Jahre vor mir als Schauspiel­er begonnen hat. Heute können wir mehr und verschiede­nere Charaktere spielen. Bekommen Sie auch Rollen, die nicht explizit für jemanden mit Ihrem ethnischen Background geschriebe­n wurden? Ich habe Rollen gespielt, die mit meiner Hautfarbe nichts zu tun hatten. In „Jurassic World“habe ich einen Franzosen gespielt, in „Burnt“bin ich ein französisc­her Souschef. Darüber sind wir hinweg, glaube ich. Aber solange Journalist­en immer nach der Hautfarbe fragen, kommen wir nicht weiter. Es gehört aber auch zum Kontext des Films. Ich weiß, aber ich musste das einfach einmal sagen. War es hart, all die rassistisc­hen Szenen zu spielen, etwa, dass Sie von Footit immer in den Hintern getreten wurden? Da muss man durch, um die Geschichte zu erzählen. Sie sind Role Model für viele junge Schwarze. Welchen Tipp würden Sie ihnen geben? Ich stelle mich nie als ein schwarzer Schauspiel­er vor. Lass Menschen dich nicht in eine Schublade stecken! Das

Omar Sy

(geb. 1978) wuchs als Sohn eines Senegalese­n und einer Mauretanie­rin in Frankreich auf. Erfolge feierte er als Komödiant in Radio und TV. Seinen Durchbruch als Schauspiel­er hatte er 2011 mit „Ziemlich beste Freunde“. 2012 wurde er als erster schwarzer Schauspiel­er mit dem C´esar ausgezeich­net.

„Monsieur Chocolat“

ist sein auf wahren Begebenhei­ten beruhender neuer Film, in dem er den ersten schwarzen Clown Europas spielt. ist auch, was der Film erzählen will. Man muss raus aus den Schubladen. Ihr Partner James Thi´err´ee, ein Enkel von Charlie Chaplin, ist ja selbst auch Zirkusarti­st. Wie war die Arbeit mit ihm? Wir haben vier Wochen lang gemeinsam gearbeitet, die alten Choreograf­ien von Footit und Chocolat moderner gemacht. Er ist verrückt. Aber seine Verrückthe­it ist wunderbar. Man hört, Sie hatten am Anfang aber auch Probleme miteinande­r. Wir waren vier Wochen lang jeden Tag mit jemandem im gleichen Raum, den man vorher nicht kannte. Zum Leben gehören Lachen, Weinen und natürlich auch Kämpfe einfach dazu. Nach „Ziemlich beste Freunde“sind Sie nach Los Angeles gezogen. Haben Sie dort mehr Ruhe, weil Sie nicht erkannt werden? Nein, ich werde dort ebenfalls erkannt, weil ich ja auch amerikanis­che Filme mache. Der große Unterschie­d zwischen Frankreich und den USA ist, dass ich dort Englisch sprechen muss. Und ich habe den ganzen Tag Sonnensche­in. Wollen Sie auch einmal hinter die Kamera? Nein. Ich bewundere Regisseure, wie sie all die Verantwort­ung tragen und hundert Fragen in einer Minute beantworte­n müssen. Ich könnte das nicht. Aber es gäbe doch viele Geschichte­n, die Sie erzählen könnten. Ja, aber das kann ich auch als Schauspiel­er machen. Das ist okay so. Als Schauspiel­er haben Sie sich ja in den vergangene­n Jahren stark weiterentw­ickelt. Das ist das Schöne am Schauspiel­en, dass man immer andere Dinge macht. Ich habe als Komödiant angefangen, habe Scherze mit Worten gemacht. Für Chocolat musste ich lernen, mit meinem Körper zu arbeiten. Ich habe nie eine Schauspiel­schule besucht, ich lerne, während ich etwas mache. Immer, wenn ich einen Film aussuche, möchte ich dabei auch etwas lernen. Und was haben Sie bei „Ziemlich beste Freunde“gelernt? Da habe ich gelernt, ein Schauspiel­er zu sein. Davor war ich keiner, zu dem bin ich erst dadurch geworden.

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AFP sich aber nicht schwarzen Clown, will Chocolat“Europas ersten Omar Sy spielt in „Monsieur bekommt. die er wegen seiner Hautfarbe auf Rollen reduzieren lassen,

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