Kunstwerte
WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN
Kunstkrimi. Auf einem französischen Dachboden wurde ein vermeintlicher Caravaggio gefunden. Ist er echt, könnte das für eine kleine Revolution auf dem Markt sorgen.
Es ist eine dieser Geschichten, die normalerweise nur in Filmen passieren. Auf dem Dachboden eines Hauses in Südfrankreich ist ein Gemälde gefunden worden, das vermutlich vom italienischen Maler Caravaggio stammt. Entdeckt wurde es im April 2014 durch Zufall: Nach einem Wasserschaden öffneten die Hausbesitzer bei Toulouse einen Verschlag im Dachboden und fanden das Bild. Inzwischen ist es durch die Hände mehrerer Experten gegangen, die dem Fund zumindest attestieren, dass er Eigenschaften aufweise, die typisch für Technik und Bildsprache des Barockkünstlers seien. Das Gemälde habe das besondere Licht und diese eigene Energie seiner Malerei, sagte der französische Kunsthistoriker Eric Turquin. Das Werk zeigt Judith und Holofernes. Das Bild wurde vergangene Woche in Paris der Öffentlichkeit präsentiert. Gänzlich geklärt ist aber noch immer nicht, ob es tatsächlich Caravaggio oder doch nur ein Vertreter der Caravaggisten gemalt hat.
Bekannt ist, dass Caravaggio zwei Versionen von „Judith und Holofernes“gemalt hat. Die erste Version hängt im Palazzo Barberini in Rom, die zweite ist verloren gegangen. Zwei wichtige Caravaggio-Experten, Mina Gregori und Gianni Papi, melden aber Bedenken an. Sie halten das Gemälde für eine Arbeit des Caravaggisten Louis Finson. Er habe mehrere Versionen von „Judith enthauptet Holofernes“gemalt, wovon sich eine im Palazzo Zevallos Stigliano in Neapel befindet. 100-Millionen-Euro-Klub. Obwohl noch nicht einmal geklärt ist, ob das Werk ein echter Caravaggio ist, wurde es bereits mit einem Preisschild versehen. 120 Millionen Euro werden kolportiert. Tatsächlich wäre solch eine bedeutende Arbeit eine kleine Revolution für den an Bedeutung verlierenden Altmeistermarkt. Arbeiten Caravaggios sind extrem selten, besonders Großformate. So gesehen ist eine neunstellige Summe nicht unwahrscheinlich. Damit würde sich Caravaggio in den 100-Millionen-Euro-Klub einreihen, der zurzeit zehn Arbeiten enthält: drei von Picasso, drei von Giacometti, einen Modigliani, Munchs „Schrei“, Francis Bacons „Studie von Lucian Freud“und Warhols „Silver Car Crash“. Es wäre das erste Altmeisterwerk, das diese magische Grenze durchbricht. Bisher hält den Rekord für das teuerste Altmeisterwerk Peter Paul Rubens mit „Das Massaker der Unschuldigen“, das 2002 76,6 Millionen Dollar erzielte. Handelt es sich um ein Werk von Finson, liegt der Marktwert bestenfalls bei knapp einer Million Euro. Da sind gute Nerven gefragt von den Besitzern, denn die Authentifizierung kann laut den französischen Behörden noch 30 Monate dauern.