Therapie für eine gespaltene Nation
Ein Mediator un© ein PsychotherŻpeut erkl´ren, wŻs mŻn gegen ©ie PolŻrisierung ©er GesellschŻft mŻchen könnte.
Österreich ist ein Land, das weitgehend auf Konsens aufgebaut ist – konnte man zumindest bis vor Kurzem meinen. Bei allen Gegensätzlichkeiten in Gesellschaft und Politik gab es doch ein Grundverständnis gegenseitiger Akzeptanz. Doch dann kam der Flüchtlingsstrom und spaltete das Land: In Helfer und Skeptiker. Oder, unfreundlicher formuliert: In naive Anhänger der Willkommenskultur und Fremdenhasser. Die Präsidentschaftswahl gab dieser Spaltung auch politisch Ausdruck: Hier die Van der Bellen-Anhänger, dort die Hofer-Wähler.
Dass beide Lager annähernd 50 Prozent erreicht haben, verstärkt das Bild einer gespaltenen Nation, in der hinter der Sachfrage „Wie geht man mit Flüchtlingen um?“viele Bruchlinien sichtbar sind: Stadt gegen Land, sozial Benachteiligte gegen Gebildete, gesellschaftlich Liberale gegen Traditionalisten, um nur einige zu nennen. Die Gefahr, dass diese Polarisierung bestehen bleibt und zu einem zunehmend schärferen Ton in der politischen Auseinandersetzung führen wird, besteht. Lässt sich das ändern? Die „Presse am Sonntag“hat mit zwei Fachleuten gesprochen, die sich professionell mit Konflikten befassen. Ein Mediator für das Land. Unlösbar scheinende Konflikte ist Herbert Drexler in seiner Berufspraxis gewohnt. Trotzdem könne es gelingen, so der Präsident des Bundesverbands für Mediation, tragfähige Lösungen zu finden. Und zwar wie? In Konfliktsituationen prallen „subjektive Wirklichkeiten“aufeinander, so Drexler. Jeder reklamiere für sich, dass seine Wirklichkeit die Wahrheit ist. Der erste Schritt der Mediation sei es, den Menschen zu helfen, dass sie erkennen, dass die subjektive Wirklichkeit eben subjektiv ist. Und dass sie andere Wirklichkeiten erkennen und anerkennen können.
Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, die Mediation auch zuzulassen: Diese beruht auf Freiwilligkeit. Die Mediation ist ein moderierter Prozess, in dem es nicht darum geht, dass einer seinen Standpunkt aufgibt, sondern gemeinsam eine interessensbasierte Lösung zu finden. Aufgabe des Mediators ist es auch, eine Eskalation durch Emotionen zu verhindern.
Die Methode wird bereits vielfach angewandt. Beispielsweise bei Konflikten in Unternehmen, bei Scheidungen, bei Nachbarschaftsstreits, bei denen man einen Mediationsversuch nachweisen muss, ehe man vor Gericht gehen kann. Aber auch in politiknahen Bereichen hat das Verfahren bereits Einzug gehalten: Bei großen Bauprojek- ten mit massiven Widerständen der Anrainer wird mittels Mediation versucht, gemeinsame Lösungen zu finden.
Stolz ist Drexler auf ein Projekt im Bereich der Schulen: Der Verband bildet Schüler zu Peer-Mediatoren aus, als Antwort auf die Konflikte, die auch in den Schulen zunehmen. Drexler: „In Amerika schult man die Lehrer im Gebrauch der Waffe. Auch eine Methode, mit Konflikten fertigzuwerden.“
Und in der aktuellen Flüchtlingsfrage? Auch da wäre Mediation möglich, meint Drexler. Der Mediator müsste darauf hinweisen, dass über grundlegende Bedürfnisse der Menschen diskutiert wird, nicht über