Die Presse am Sonntag

ZU DEN PERSONEN

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wahl nur wenig: „Ich hab mit den Kindern andere Sorgen“, sagt eine junge Frau, während sie ihre Tochter zu trösten versucht. „Eine wirkliche Dorfgemein­schaft gibt es ohnehin schon lange nicht mehr. Die Jungen sitzen alle in ihrem eigenen Haus oder Garten“, sagt ein Großvater, der mit seinem Enkerl vorbeispaz­iert. Und die Zuagroaste­n, die Zugezogene­n aus dem nahen Wien, die in den modernen Siedlungen am Ortsrand leben, kenne man persönlich erst gar nicht, sagen die Einheimisc­hen.

Politisch scheinen die Pillichsdo­rfer des Öfteren zerrissen zu sein. Im Februar stimmten die Einwohner bei einer Volksbefra­gung über den Bau eines Gewerbepar­ks ab. Auch da war das Ergebnis mit 50,7 Prozent Nein- und 49,3 Prozent Ja-Stimmen denkbar knapp. „Das war entscheide­nder für den Ort und hat die Leute mehr aufgebrach­t als die Wahl“, sagt ein junger Mann, während er mit einem Besen die Einfahrt kehrt.

In den sozialen Netzwerken, wie auf Facebook, habe er die Aggression zwischen den Van-der-Bellen- und HoferWähle­rn sehr wohl gespürt. Nicht aber Herbert Drexler wŻr MŻnŻger ãei Siemens. Seit 2010 ist er selãstst´n©iger Unternehme­nsãerŻter, Me©iŻtor un© CoŻch. Er ist Pr´si©ent ©es Bun©esverãŻn©s für Me©iŻtion. Peter Stippl ist seit 1995 Psychother­Żpeut, er leitet Żuch ©ie Kriseninte­rvention BurgenlŻn©. Stippl ist Pr´si©ent ©es Bun©esverãŻn©s für Psychother­Żpie. im Ort. „Ich habe Van der Bellen gewählt. Aber ich verstehe die Wahlmotive der anderen. Die Leute haben Angst – vor allem wegen der Flüchtling­skrise.“

In der Pfarrkirch­e hängt ein handgeschr­iebener Din-A4-Zettel: „Weiterhin suchen wir DRINGEND Wohnräume für Flüchtling­e!“steht da geschriebe­n. Denn noch hat Pillichsdo­rf keinen Asylwerber aufgenomme­n. Im nahen Wolkersdor­f gibt es bereits welche – und am Stammtisch beim Schurlwirt kennt man viele Geschichte­n darüber. Es wird von Flüchtling­en erzählt, die sich im Supermarkt bedienen, ohne zu bezahlen, und von Orten, an denen sich die Polizei gar nicht mehr hintraut. Widerspruc­h gibt es keinen – auch nicht von den Van-der-Bellen-Wählern.

Die Kirchenglo­cken läuten. Es ist zwölf. Beim Wirt haben sich die Tische mittlerwei­le auch abseits des Stammtisch­s gefüllt. An der Bar wird weiter politisier­t: „Einen Präsidente­n Hofer hätte ich mir schon vorstellen können, einen Kanzler Strache aber nicht. Der ist mir zu scharf“, sagt ein Pillichsdo­rfer. Dann betreten zwei Herren das Gasthaus: „Jössas! Da kommen die Grünen vom Lagerhaus“, werden sie neckisch begrüßt. Grün- und Blau-Wähler witzeln seit Wochen übereinand­er, sagt die Kellnerin: „Doch am Ende des Tages sitzen sie gemeinsam an einem Tisch und saufen miteinande­r.“

»GespŻlten ist ãei uns wirklich gŻr nichts. Wer wŻs w´hlt, ist so wŻs von egŻl.«

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