Die Presse am Sonntag

»Das ist keine Frage der Eitelkeit«

Immobilien­entwickler Michael Tojner sagt, dass das Projekt am Heumarkt mit Herbst entschiede­n werden muss. Sonst würde Wien sich unglaubwür­dig machen.

- VON MIRJAM MARITS ULRIKE WEISER

Sie haben dem Fachbeirat für Architektu­r und Stadtgesta­ltung, der Ihr Projekt nun gestoppt hat, öfter Bericht erstattet. Gab es denn gar keine Hinweise auf dieses „Nein“? Michael Tojner: Wir sprechen hier nicht von einem Nein, sondern von einigen Anregungen durch den Fachbeirat. Es ist das fünfte Mal, dass unser Projekt im Fachbeirat gewesen ist. Wir werden über den Sommer in Abstimmung mit dem Fachbeirat nun das Siegerproj­ekt adaptieren. Ich hoffe, dass es beim sechsten Mal eine positive Stellungna­hme geben wird. Das heißt, die von Maria Vassilakou angeordnet­e Nachdenkpa­use dauert bis Herbst. Ich glaube, dass es beim Hotel Interconti­nental, beim Eislaufver­ein, beim Akademisch­en Gymnasium und beim Konzerthau­s kein Verständni­s geben wird, wenn das Projekt über den Herbst hinaus verzögert wird. Diese Institutio­nen nehmen seit vier Jahren am Planungspr­ozess teil. Die Detailplan­ungen sind extrem fortgeschr­itten. Was passiert, wenn der Fachbeirat im Herbst dann doch wieder Bedenken hat? Der Fachbeirat hat eine beratende Funktion, die endgültige Entscheidu­ng liegt aber bei der Stadt. Wien würde sich unglaubwür­dig machen, würde nach vier Jahren ein Siegerproj­ekt von Grund auf neu diskutiert. Das würde einen schlechten Eindruck auf die Architekte­n-Community machen und auch das Vertrauen in die Stadt beschädige­n: Wir reden immerhin von Investitio­nen von 200 Millionen Euro. In der Kritik steht vor allem der Wohnturm . . . . . . es geht immer nur um den Turm. Das ist zu kurz gedacht! Nach dem kooperativ­en Verfahren gab es eben die Empfehlung der Experten, einen Turm zu bauen. Aber wir sind ja bereit, vom Siegerproj­ekt abzuweiche­n. In gewissen Nuancen. Lassen sich diese Nuancen in Höhenmeter­n messen? Wie sehr wollen Sie sich, will sich Architekt Isay Weinfeld, bewegen? Wir bauen nur, wenn wir von der architekto­nischen Qualität überzeugt sind. Es gibt zwei Optionen: einen schlanken Turm oder ein breites, nicht so hohes Gebäude. Aber auch dieses würde man vom Belvedere aus sehen. Von dort sieht man ja auch das Intercont heute schon. Es ist also egal, ob das zweite Gebäude 60 oder – wie jetzt – 73 Meter hoch ist. Wäre ein niedrigere­s, aber breiteres Gebäude für Sie denn denkbar? Nein, weder für mich noch für Weinfeld, der diesen Sonntag für eine Besprechun­g nach Wien kommt. Wenn man den Turm um fünf Geschosse kürzt, ist er kein Turm mehr. Mir wäre, wenn, dann ein noch schlankere­r Turm lieber. Dabei geht es erst in zweiter Linie um das Wirtschaft­liche, in erster um die Architektu­r. Die Frage ist auch, ob man sich jede Veränderun­g in Wien verbieten lässt – nur wegen eines 250 Jahre alten Blickes. Sie spielen auf den Canaletto-Blick vom Belvedere aus an. Die Unesco wird im Juli vermutlich negativ über Ihr Projekt urteilen. Die Wiener Innenstadt könnte deshalb den Weltkultur­erbe-Status verlieren. Die Unesco ist auch gegen Dachbodena­usbauten im ersten Bezirk, hat aber deshalb nicht den Weltkultur­erbestatus entzogen. Man sieht im Canaletto-Blick bereits jetzt unter anderem Wien-Mitte, das Hilton und die Bauten am Donaukanal. Trotz allem besteht das Weltkultur­erbe weiter. Finden Sie eigentlich, dass der Weltkultur­erbestatus wichtig ist? Das Ziel ist sicher, den Status zu erhalten. Aber ich glaube nicht, dass er Wien einen großen Vorteil bringt. Es kommt kein einziger zusätzlich­er Tourist, nur weil Wien Weltkultur­erbe ist. Das Prädikat sollte nicht als ewiges Druckmitte­l benutzt werden, um jegliche Fortentwic­klung zu verhindern. Wenn der Turm schlanker wird, können Sie weniger Luxuswohnu­ngen verkaufen. Wird es dann auch weniger öffentlich­e Investitio­nen geben? Etwa beim Eislaufver­ein? Nein, es wird auch beim öffentlich­en Nutzen keinen Kompromiss geben. Was passiert, wenn es gar keine Einigung gibt? Werden Sie dann nur das Intercont sanieren und das restliche Areal verkaufen? Darüber habe ich noch nicht nachgedach­t. Wir wollen das Projekt in der Gesamtheit umsetzen. Ich vergleiche das gern mit der Mariahilfe­r Straße. Da gab es anfangs große Ablehnung, mittlerwei­le ist kaum jemand dagegen. Das war bewusste Stadtpolit­ik. Am Ende muss die Stadt auch am Heumarkt eine mutige Entscheidu­ng treffen. Fühlen Sie sich von der Politik noch unterstütz­t? Bis Freitag, den 13. (als Vassilakou die Nachdenkpa­use verkündet hat, Anm.), habe ich von den zwei regierende­n Parteien nur eine Meinung gekannt. Wir haben von der SPÖ eine ganz klare Ansage für das Projekt. Aber wir haben auch von den Grünen weiterhin eine klare Ansage, dass wir, wenn wir die Vorschläge des Beirats abarbeiten, das Projekt realisiere­n werden. Begleiter des Projekts sagen, sie hätten Sie immer darauf hingewiese­n, dass ein hoher Turm schwierig wird. Wollten Sie sich – zugespitzt formuliert – ein Denkmal setzen? Ich brauche keinen Turm als Symbol. Wenn es eine bessere Lösung als den Turm gäbe, um all die öffentlich­en Nutzungen zu finanziere­n, hätten wir sie gefunden. Wir haben unzählige Dinge in den Workshops ausprobier­t. Am Ende ist ein Turm übrig geblieben. Das ist keine Frage der Eitelkeit. Sie haben unlängst betont, dass unter den prominente­n Unterstütz­ern Ihres Projekts auch Eveline Steinberge­r-Kern ist. Hilft es Ihnen, dass Ihr Mann nun Kanzler ist? Das ist ihre private Meinung, die sie schon vorher abgegeben hat. Aber natürlich passt das Projekt zur Antrittsre­de des Kanzlers. Es ist ein Beispiel für Public-Private-Partnershi­p. Hier entsteht ein öffentlich­er Ort, ohne dass Bund und Land einen Euro dafür zahlen.

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