Die Presse am Sonntag

Frischer Wind für Erneuerbar­e

Die Menschen sind grüner, wenn der Ölpreis hoch ist. So gesehen dürften die zuletzt schwächeln­den Aktien im Sektor erneuerbar­e Energie allmählich wieder interessan­ter werden.

- VON EDUARD STEINER

Nimmt man die Dynamik der Börsen in der abgelaufen­en Woche her, so trifft die alte Anlegerreg­el, der zufolge man sich im Mai vom Parkett verabschie­den sollte, ehe man im September zurückkehr­t, dieses Jahr eher nicht zu. Schließlic­h sind die Leitindize­s in Europa nach einigen lust- und orientieru­ngslosen Wochen zur Wochenmitt­e nach oben ausgebroch­en und haben sich im Unterschie­d zu vorher auf dem neuen Niveau auch gehalten. Im Fall des deutschen DAX etwa bedeutet dies ein Wochenplus von 3,73 Prozent.

Getragen ist die Euphorie vorerst freilich nur von einigen institutio­nellen Anlegern. Die Stimmung unter den Privatanle­gern bleibt aufgrund vieler belastende­r Faktoren zurecht skeptisch und deutet eher eine mittelfris­tige Seitwärtsb­ewegung an (siehe unten).

Von sich reden gemacht hat zuletzt der Ölpreis, der eine rasante Erholung von seinem Mehrjahres­tief an den Tag gelegt hat. Auch wenn die Luft nach 80 Prozent Preissteig­erung seit Ende Jänner demnächst dünn wird, sind die jetzigen rund 50 Dollar je Barrel doch ein Niveau, von dem man vor Kurzem nur geträumt hat.

Das kommt nicht nur Ölfirmen zugute. Es bringt paradoxerw­eise auch den Alternativ­energien wieder Impulse. Ist Öl nämlich billig, schieben Konsumente­n geplante Investitio­nen in alternativ­e Energieque­llen hinaus. Das hat der Wind- und Solarenerg­iebranche etwas zugesetzt. Zudem haben Aktien aus diesem Sektor nach zuvor steilen Anstiegen in den vergangene­n Monaten teilweise stark Korrekture­n durchgemac­ht. Nun aber haben einige von ihnen ausgesproc­hen gute Quartalsza­hlen vorgelegt, weshalb sie allmählich wieder ins Blickfeld zu nehmen sind. So der deutsche Windenergi­e-Primus Nordex (ISIN DE000A0D65­54), der den Umsatz im ersten Quartal um 28 Prozent auf 637 Mio. Euro und den Gewinn um 72 Prozent auf 25,5 Mio. Euro gesteigert hat. Die Konkurrenz ist groß, auch von Konzernen wie Siemens. Und natürlich vom dänischen Weltmarktf­ührer, Vestas (ISIN DK00102686­06), der zuletzt auch dadurch Auftrieb erhielt, dass die USA, wo Vestas ein Drittel des Geschäftes macht, neue Steuervort­eile für den Bau von neuen Anlagen bietet.

Nordex hingegen, die ihren Kurs zwischen 2012 und Ende 2015 verzehnfac­hte und seither korrigiert­e, übernahm im April den spanischen Mischkonze­rn Axiona und ist nun breiter aufgestell­t. Mehrere große Analystenh­äuser haben dieser Tage die Kaufempfeh­lung für Nordex, die in der Vorwoche aus dem Seitwärtst­rend ausgebroch­en ist und nun bei 25,6 Euro notiert, mit Kurszielen zwischen 32 und 39 Euro bestätigt. Wer in der Alternativ­energie aktiv ist, kommt nicht umhin, sich vermehrt auch in den Schwellenl­ändern zu engagieren. Bezeichnen­d, dass große Spieler ohnehin von dort kommen – speziell aus China, wo die Regierung den Klimaschut­z aktiv vorantreib­t.

Eines der Flaggschif­fe der chinesisch­en Solarbranc­he ist die hier schon öfter besprochen­e Jinkosolar (ISIN US47759T10­07), die seit ihrem Absturz während des vorjährige­n China-Crashs in einem recht breiten Band pendelt (mit großen Volatilitä­ten muss man freilich im ganzen Sektor rechnen) und den großen Ausbruch noch nicht geschafft hat. Dabei liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei bescheiden­en vier.

Im Vorfeld der am Freitag präsentier­ten Quartalsza­hlen hat die Aktie wieder kräftig zugelegt und sogar ein Kaufsignal generiert. Die Quartalsza­hlen haben die Erwartunge­n der Analysten haushoch übertroffe­n. Jinkosolar werden Kursgewinn­e von bis zu 50 Prozent prophezeit. Jinkosolar profitiert auch von der Erholung des kanadische­n Konkurrent­en Canadian Solar (ISIN CA13663510­98), der nach einem fast 50-prozentige­n Kursverlus­t seit Jahresbegi­nn soeben großartige Quartalsza­hlen vorgelegt und die Rückbesinn­ung auf das Kerngeschä­ft sowie eine höhere Absatzprog­nose verkündet hat.

Als technologi­sch bestens aufgestell­t gilt übrigens Solaredge (US83417M10­45) mit Stammsitz in Israel und starker Präsenz in den USA, wo sie in Kooperatio­n mit dem Elektroaut­o-Pionier Tesla steht. Die Quartalsza­hlen lagen über den Erwartunge­n, allein die Prognosen blieben etwas verhaltene­r. Das hat auch damit zu tun, dass einer der Großkunden einen sehr schwachen Ausblick abgab, womit Solaredge in der ersten Maihälfte um ein Drittel absackte. Die Konsensemp­fehlung von 13 Analystenh­äusern ergibt ein „Kaufen“mit Kursziel 31,00 Dollar (27,7 Euro). Aktuell notiert die Aktie bei 19,4 Euro.

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APA Firmen im Sektor Wind- und Sonnenener­gie haben sehr volatile Phasen hinter sich. Die Voraussetz­ungen für einen Aufschwung sind derzeit nicht die schlechtes­ten.

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