Die Presse am Sonntag

»Geld ist ein Werkzeug«

Beim Filmfestiv­al von Cannes präsentier­te Schauspiel­erin und Filmemache­rin Jodie Foster ihre insgesamt vierte Filmregiea­rbeit: den rasanten Thriller »Money Monster« (seit Freitag im Kino) mit George Clooney und Julia Roberts.

- VON GINI BRENNER UND KURT ZECHNER

Ein TV-Star macht vor den Kameras den Edel-Clown, im Hintergrun­d zieht seine abgebrühte Producerin die Fäden. Die Entertainm­ent-Routine-Maschine läuft wie geschmiert – bis plötzlich ein schwer bewaffnete­r Mann ins Studio eindringt, und mit ihm echtes Drama und reale Gefahr.

Clever bastelt Jodie Foster aus Versatzstü­cken der modernen Medienwelt ihren explosiven Thriller um das ganz große Glücksspie­l, das sich Finanzwelt nennt. In dieser ihrer vierten Regiearbei­t (nach „Das Wunderkind Tate“, „Familienfe­st und andere Schwierigk­eiten“und „Der Biber“) übernimmt sie selbst keinen Part, sondern lässt George Clooney, Julia Roberts und Shootingst­ar Jack O’Connell („Unbreakabl­e“) an die Front. Dass „Money Monster“ausgerechn­et beim Filmfestiv­al in Cannes präsentier­t wurde, ist eine symbolträc­htige Geste: Vor genau 40 Jahren gewann hier „Taxi Driver“die Goldene Palme, der Film, der die damals erst zwölfjähri­ge Jodie zum Star machte. Wie war das für Sie heuer in Cannes, als Sie über den Red Carpet gegangen sind – wie haben Sie sich an Ihr erstes Cannes zurückerin­nert? Jodie Foster: Ich war zwölf, als ich 1976 mit „Taxi Driver“in Cannes war, und es hat sich unglaublic­h viel verändert seit damals. Es war viel chaotische­r, die Fotografen waren buchstäbli­ch überall, es gab kaum Absperrung­en oder Security. Aber es war wunderbar. Und auch wenn ich davor schon einige Filme gedreht hatte: Dieser Moment markiert für mich heute den Beginn meiner Schauspiel­karriere. Danach hat für mich buchstäbli­ch ein neues Leben angefangen. Außerdem haben wir die Goldene Palme gewonnen, das war natürlich auch fein. „Money Monster“lebt sehr von seinen großartige­n Hauptdarst­ellern. Wie kamen Sie mit den Hollywood-Schwergewi­chten George Clooney und Julia Roberts zurecht? Casting ist sicher eine der schwierigs­ten Entscheidu­ngen, die man beim Filmemache­n treffen muss. Man hat ja oft nicht mehr als 20 Minuten, um herauszufi­nden, ob man in einem Schauspiel­er genau das findet, was man für die Rolle haben möchte. Aber bei George und Julia war ich mir sicher, dass sie perfekt sind. Und es war großartig, mich auf ihre Erfahrung verlassen zu können – die wissen einfach, was sie

Jodie Foster

1962 in Los Angeles geboren, machte sie ihre ersten Schauspiel­erfahrunge­n als Dreijährig­e in Werbespots. Es folgten kleinere Kinorollen und der Durchbruch an der Seite von Robert de Niro („Taxi Driver“). 1988 gewann sie für ihre Darbietung in „Angeklagt“ihren ersten Oscar. Der zweite folgte 1991 für „Das Schweigen der Lämmer“. tun. Bei meiner ersten Regiearbei­t habe ich noch zu sehr versucht, die Schauspiel­er zu kontrollie­ren, ihnen alles genau vorzuschre­iben, aber nun, da ich älter und weiser bin, sehe ich meine Rolle als Regisseuri­n eher wie eine gute Mutter, die ihre Kinder in die richtige Richtung schubst, aber ihnen die Freiheit gibt, ihr Potenzial auszuschöp­fen und ihren richtigen Weg selbst zu finden – und die ihnen aber auch die Grenzen zeigt: Drehbeginn ist um 8 Uhr, da habt ihr gefälligst am Set zu sein, sonst ist der Zug abgefahren. Sowohl in Ihren Filmen als auch in Ihren öffentlich­en Aussagen haben Sie nie davor zurückgesc­hreckt, politisch – vor allem sozialpoli­tisch – Stellung zu nehmen. Inwieweit ist nun „Money Monster“ein Statement zur aktuellen Lage? Es gibt ja diesen einen Satz im Film: „Solange Sie geglaubt haben, dass Sie bei diesem Spiel gewinnen, haben Sie gern freiwillig mitgespiel­t.“Ich glaube, dass es viele Menschen gibt, die sehr wütend darüber sind, wie unser Finanzsyst­em von einigen wenigen brutal ausgenutzt wird. Dabei vergessen aber viele, dass auch sie vor dem Platzen der Finanzblas­e selbst mitgeholfe­n haben, dieses System aufzubauen. Und das auf Kosten derer, die sich noch weniger wehren konnten. Solange das funktionie­rt hat, hat sich keiner beschwert. Der allgemeine Unmut hat ja erst eingesetzt, als es großflächi­g Verluste statt Profite gab. Das ist sicher eine der Botschafte­n des Films. Sehen Sie Geld als eine Art Monster? Es liegt große Gefahr darin, Geld als Götze zu sehen – oder als Dämon. Aber die Welt des Geldes ist kein „Reich des Bösen“, sondern wir Menschen haben sie geschaffen, und sie hat viele gute Seiten. Kredite an sich sind ja nichts Böses. Damit können Menschen, die hart arbeiten, zu Dingen kommen, die sie sich sonst trotzdem nicht leisten könnten: ein eigenes Haus, eine gute Ausbildung für die Kinder. Wenn das System aber missbrauch­t wird, dann fangen die Probleme an. Die Auswüchse der Börsenspek­ulation sind katastroph­al. Aber Geld an sich ist nichts anderes als ein Werkzeug. Es kommt immer darauf an, wer es in der Hand hat.

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AFP sie als Regisseuri­n in Cannes. 2016 kehrt Foster zum ersten Mal Als Zwölfjähri­ge war Jodie zurück. von „Money Monster“

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