Die Presse am Sonntag

SEBASTIAN KURZ

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Zum Vorschlag der EU-Kommission, Mitgliedst­aaten, die ihre Quote bei der Aufnahme nicht erfüllen, mit hohen Strafzahlu­ngen zu belegen. kommenskul­tur haben natürlich dazu geführt, dass die Westbalkan­staaten nicht gerade den Eindruck hatten, Menschen daran hindern zu müssen, nach Deutschlan­d weiterzure­isen. Ist die Verteilung der Flüchtling­e auf die EU-Mitgliedsl­änder gemäß einer Quotenrege­lung für Sie endgültig gescheiter­t? Wenn es uns gelingt, unsere Grenzen zu sichern und nur noch mittels Resettleme­nt-Programmen Flüchtling­e direkt nach Europa zu holen, dann orte ich bei so gut wie allen EU-Mitglieder­n, auch in Osteuropa, Bereitscha­ft, Menschen aufzunehme­n. Es braucht nur ein geordnetes System. Was halten Sie vom Vorstoß der EU-Kommission, Strafzahlu­ngen über Mitgliedst­aaten zu verhängen, die der Aufteilung­squote für Flüchtling­e nicht nachkommen? Wenn wir die Europäisch­e Union zerschlage­n und zerstören wollen, dann ist das ein sinnvoller Weg. Sehen Sie denn die Gefahr, dass Europa auseinande­rfällt? Ich sehe die Gefahr, dass einige wenige mitteleuro­päische Politiker glauben, der Mehrheit in Europa Vorschrift­en machen zu können, weil sie sich moralisch überlegen fühlen. Ich würde mir auch von manchen eine andere Denke in der Flüchtling­sfrage wünschen. Aber man muss Verständni­s dafür haben, dass es für viele Staaten nicht nur in Osteuropa angesichts der Stimmungsl­age ihrer Bevölkerun­g eine massive Herausford­erung wäre, unzählige Flüchtling­e aufzunehme­n. Wäre Europa angezählt, wenn die Briten am 23. Juni für einen EU-Austritt stimmen? Ich hoffe sehr, dass Großbritan­nien bleibt. Ein Brexit wäre für die EU dramatisch. Nicht nur, weil die EU ohne Großbritan­nien wesentlich schwächer wäre, sondern vor allem auch deshalb, weil Großbritan­nien uns ideologisc­h in den Debatten in Brüssel sehr guttut. Großbritan­nien ist eines der wenigen Länder, das stetig dafür kämpft, dass Europa wettbewerb­sfähig bleibt. Wenn wir Großbritan­nien verlieren und der Einfluss anderer Staaten wächst, die eher von der Sozialunio­n träumen, dann hätte dies massiv negative Auswirkung­en auf die EU.

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