Ein konzilianter Linker als Vorbild für die Bundes-SPÖ
Peter Kaiser war Königsmacher bei der Bestellung von Parteichef Christian Kern und spielt in der SPÖ eine immer wichtigere Rolle.
Michael Häupl ist der eigentlich Mächtige in der SPÖ, der Bundesparteichefs auf den Thron setzen und auch wieder fallen lassen kann: So lautete lange Zeit die gängige Meinung über die Realverfassung der Sozialdemokraten. Doch das stimmt nicht mehr. Denn inzwischen sind es gleich drei Landespolitiker, die in der Partei den Ton angeben.
Natürlich, Michael Häupl hat weiterhin ein gewichtiges Wort mitzureden. Aber da gibt es auch noch Hans Niessl, der sich im vergangenen Jahr vom unauffälligen Provinzpolitiker zu einem der wesentlichen Player in der Innenpolitik gemausert und fast schon im Alleingang einen starken rechten Flügel in der Sozialdemokratie auf die Beine gestellt hat, der einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik einleiten konnte. Und der es geschafft hat, das Dogma der Ausgrenzung der FPÖ zumindest infrage zu stellen.
Und Peter Kaiser, der beim gestrigen Parteitag mit 99,36 Prozent als Kärntner SPÖ-Chef bestätigt wurde. Auch er hat sich, als er 2013 zum Landeshauptmann gewählt wurde, bundespolitisch lange Zeit zurückgehalten. Erst in den vergangenen Wochen hat er diese Zurückhaltung aufgegeben – und wurde gleich zur Schlüsselfigur in der Umbruchphase der SPÖ. Er war einer der Ersten, der erkannte, dass Werner Faymann, obwohl politischer Weggefährte seit der SJ, nicht mehr zu halten war. Als alle Spitzenfunktionäre noch Durchhalteparolen ausgaben, plädierte er in der „Presse“schon für eine Vorverlegung des Parteitags – was nur ein Ende der Ära Faymann bedeuten konnte. Und als Michael Häupl die Faymann-Nachfolge noch offen halten wollte, stellte er schon die Weichen für den Nachfolger, Christian Kern. Kaiser gibt den Weg vor. Auch in der Streitfrage, ob Koalitionen mit der FPÖ möglich sind, gibt Kaiser nun den Weg vor: Während die einen weiterhin auf die Vranitzky-Doktrin der Ausgrenzung der FPÖ setzen und die burgenländischen Genossen von ihrer Koalition mit den Freiheitlichen schwärmen, wird die Bundes-SPÖ nun dem Kaiser-Vorschlag folgen und einen „Kriterienkatalog“erarbeiten, der die Voraussetzungen für Koalitionen festlegt – und in beide Richtungen interpretierbar ist.
Peter Kaiser
wurde am 4. Dezember 1958 in Klagenfurt geboren.
Studium und Beruf.
Er studierte an der Universität Klagenfurt Soziologie und Pädagogik, Promotion 1993. Daneben arbeitete er bei der Kärntner Landesregierung und beim Österreichischen Jugendherbergsverband, dessen Präsident er heute noch ist.
Politik.
1981 wurde er Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Kärnten, 1989 zog er erstmals in den Landtag ein. 2005 wurde er Klubchef, 2008 Landesrat, 2010 Landesparteichef. 2013 gewann er die Landtagswahl und wurde Landeshauptmann in einer rot-grün-schwarzen Dreierkoalition.
Wo aber steht Kaiser selbst? Was seine politische Sozialisation betrifft, kommt er vom linken Rand: Er führte die Kärntner Jungsozialisten zu einer Zeit an, als Josef Cap und Alfred Gusenbauer in der Bundes-SPÖ bei Bruno Kreisky aneckten. In Kärnten gestaltete sich die Revolte gegen das Establishment schwieriger, der linke Flügel wurde als wesensfremdes Element gesehen. Die Partei regierte das Land seit 1945, war aber eher auf Machterhalt denn auf ideologische Positionen fixiert und hatte auch keine Berührungsängste gegenüber dem nationalen Lager.
In diesem Umfeld blieb die Karriere des Peter Kaiser lange Zeit eher bescheiden. Erst als die SPÖ an der Übermacht Jörg Haiders zerbrach, konnte er sich als integrative Kraft etablieren und die zerstrittene Partei einen. Kaiser tritt eher bedächtig und zurückhaltend auf, ist konziliant im Ton, hat aber auf dem Weg in die politische Mitte seine Positionen keineswegs über Bord geworfen. Er redet weiterhin einer linken Steuer- und Schulpolitik das Wort, hat als erster Landeshauptmann bei der Angelobung einige Worte auf Slowenisch eingebaut (was in Kärnten nicht überall gut ankommt) und widersteht der Versuchung, rechtspopulistische Signale – etwa in der Flüchtlingsfrage – auszusenden. Ob er damit die künftige Linie der SPÖ auch auf Bundesebene vorgibt? Erste Signale des neuen Bundeskanzlers deuten darauf hin. Aufräumarbeiten dauern an. Ob sich Peter Kaiser in Kärnten langfristig wird halten können, ist aber noch keineswegs sicher. Das Drohszenario einer Insolvenz des Bundeslandes dürfte zwar vom Tisch sein, die Aufräumarbeiten nach der Hypo-Pleite und dem Finanzdesaster der FPÖ/BZÖ-Vorgängerregierung sind aber noch keineswegs abgeschlossen. Und die nötigen Sparmaßnahmen könnten der Landesregierung bei der Landtagswahl 2018 noch auf den Kopf fallen.
Und auch in der Top-Team-Affäre – es geht um Inserate, die Kaiser als Landesrat an eine SPÖ-nahe Agentur vergeben hat – droht noch juristisches Ungemach. Eine Anklage ist nicht ausgeschlossen und würde wohl das Ende seiner politischen Karriere bedeuten. Seite 8 waren in Proporzzeiten fünf Regierungsmitglieder zuständig: der Gemeindereferent für die Schulgebäude, der Agrarlandesrat für die landwirtschaftlichen Fachschulen, etc. Jetzt ressortiert alles bei Niessl. Die Landesbetriebe wurden außerdem in einer Holding zusammengefasst. Und in der Landesverwaltung werden demnächst Abteilungen zusammengelegt. Niessls Angst vor Hofer. Klimatisch haben beide Seiten nur das Beste zu berichten. Der Landeshauptmann spricht gern von einer „neuen Qualität des Regierens“. Man arbeite jetzt miteinander, nicht mehr – wie in rot-schwarzen Zeiten – gegeneinander. Also alles gut? So lange Tschürtz der SPÖ erhalten bleibt: ja. Denn Niessl fürchtet nur eines: dass Norbert Hofer auf die Idee kommen könnte, 2020 für das Amt des burgenländischen Landeshauptmanns zu kandidieren. Bei der Bundespräsidentenstichwahl am 22. Mai hatte der FPÖKandidat im Burgenland 61 Prozent. Im ersten Wahlgang waren es immerhin 41,9 Prozent. Genauso viele wählten bei der Landtagswahl 2015 die SPÖ.