Wie Kolumbus – nur mit Klettergurt
Steigen, Hangeln, Balancieren: Im WŻl©seilpŻrk KŻhlenberg werden Kletterneulinge und Abseilprofis in bis zu 20 Metern Höhe zu Entdeckern – von wackeligen Balken, meterlangen Seilrutschen, unbekannten Muskeln und sich selbst.
Einen Rucksack voller Erlebnishunger auf den Schultern, festes Schuhwerk an den Füßen: Ein bisschen fühlt es sich an, als würde man mit Christoph Kolumbus zu einem Abenteuer aufbrechen – nur ohne Ozeane, die es zu bezwingen gilt. Oder auf den Spuren eines Alexander von Humboldt wandeln, der einst auszog, um die Welt zu vermessen – nur ohne Notizblock und Fernrohr. Denn ganz alltäglich ist ein Ausflug in den Waldseilpark Kahlenberg mit Sicherheit nicht, auch wenn die Anreise zunächst vertraut anmuten mag. So stellt das Einsteigen in die Buslinie 38A noch keine Herausforderung dar. Auch die sich stetig aus Wiens nordwestlichstem Bezirk, dem Neunzehnten, schlängelnde Höhenstraße ist keine Fremde. Das saftige Grün zu ihren Seiten hin geradezu eine Wohltat, auch wenn sich da und dort noch die Konturen von Votivkirche und Uno-City in der Ferne erahnen lassen.
Doch schon die nächste Kurve offenbart Fremdes, das die Großstadt vergessen lässt: Mit der Haltestelle Elisabethwiese ist der Vorplatz zu einer neuen Welt erreicht. Das Abenteuer beginnt. Die Josefinenhütte wird erspäht, in der Speis und Trank offeriert werden, daneben steht ein Häuschen. Hier wird der Rucksack in einem Spind abgegeben, im Gegenzug werden Helm und Klettergurt ausgehändigt. „Wie zieht man das an?“, fragt ein Bub, das aus Schlaufen und Bändern bestehende Gewirr betrachtend. Ein Mitarbeiter des 30.000 Quadratmeter weiten Parks klärt auf, hilft bei den Einstellungen. Sitzen alle Gurte, weicht das Selbstbild des Weltreisenden dem eines Cowboys – geschuldet den Karabinern, die griffbereit in einer Halterung an der Hüfte ruhen. Für Wichtel un© Profis. Das System ist simpel und zugleich ausgereift: Ist einer der beiden Karabiner offen, um ihn in ein Sicherungsseil einzuhängen, verharrt der andere starr. Erst, wenn sich die Nummer eins wieder schließt, kann der zweite bewegt und ebenfalls eingehängt werden. Ein Testlauf an einer Übungsstation bringt Vertrautheit mit dem Prozedere, das einen die nächsten drei Stunden über begleiten – und vor dem Fall in die Tiefe schützen – wird. Ein letztes Mal schweift der Blick über die Wiese, dann richtet sich das Augenpaar auf hochgewachsene Eichen, die ein wenig anders aussehen als ihre Artgenossen. An ihnen sind Holzplanken montiert, Seile hängen zwischen den Ästen, Netze und Ringe blitzen unter dem Laub hervor. Auch Lampions sind aufgefädelt – für jene, die bei Nacht und Sternenlicht ihre Geschicklichkeit überprüfen wollen.
Auf einer Gesamtlänge von knapp zwei Kilometern liegen 15 Parcours vor einem – den Wichtelparcours in 35 Zentimeter Höhe, der von allen Ankommenden benutzt werden darf, nicht mitgezählt. Die fünf Übungsläufe für Anfänger und Kinder (kletterbar ab einer Körpergröße von 110 Zentimetern) sind mit einem blauen Schild an der jeweiligen Einstiegsstelle versehen; ihre Maximalhöhe beträgt sieben Meter.
Für Jugendliche und Besserkönner (ab 130 Zentimetern) gibt es sechs rote Markierungen, die Wege bis in zehn Meter Höhe andeuten, während sich Fortgeschrittene (ab 150 Zentimetern), an schwarzen Tafeln und Hindernissen in bis zu 20 Meter Höhe orientieren.
Ist die Wahl gefallen, geht es hinauf – mal leichter, mal kraftaufwendiger. Unbewegliche Leitern mit gleichmäßigen Abständen zwischen den einzelnen Sprossen sind Mangelware, stattdessen finden sich frei schwingende Strickleitern, Pfähle mit kleinen Ausbuchtungen an der Seite oder Platten mit unterschiedlich großen Löchern darin, die an eine Scheibe Emmentaler erinnern. Oben angekommen wartet eine Plattform, die Karabiner werden in das vorbereitete Sicherungsseil eingehängt, das nächste Hindernis wird analysiert: An einem Holzbalken sind, etwa beim ersten schwarzen Parcours, Seilschlaufen montiert. Es gilt, sich mit bloßer Armkraft über den Abgrund zu hangeln. Mut ist erforderlich, Schwindelfreiheit von Vorteil, die Hoffnung, nicht zu taumeln, omnipräsent.
Die 15 Parcours erstrecken sich über eine Gesamtlänge von knapp zwei Kilometern. Sofort macht sich ein Gefühl von Leichtigkeit breit, während man durch den Wald segelt.
Dahinter ist eine Kletterwand aufgezogen, auf die eine hölzerne Brücke ohne Geländer folgt. Langsam wird der erste Schritt gesetzt, die Platten – die große Fußabdrücke darstellen – sollen