Die Presse am Sonntag

Corporate Bonds: Konkurrenz für Anleger

Das neue Anleihen-Ankaufprog­ramm der EZB wird den Markt für Unternehme­nsanleihen austrockne­n.

- JU

Bis vor nicht allzu langer Zeit haben vom zinsbeding­ten Anlagenots­tand geplagte Anleger im Sektor der Unternehme­nsanleihen noch einen relativ komfortabl­en Rückzugsor­t gehabt: Die Zinsen, die Unternehme­n auf dem Kapitalmar­kt bezahlen mussten, waren vergleichs­weise hoch. Selbst für relativ sichere Papiere von Unternehme­n mit höchster Bonität gab es akzeptable Renditen.

Doch das wird jetzt bald vorbei sein: Der EZB gelingt es nicht, die Kreditverg­abe mit ihrem Staatsanle­ihen-Ankaufspro­gramm ausreichen­d anzukurbel­n, weshalb sie jetzt teilweise in die direkte Unternehme­nsfinanzie­rung einsteigen wird. In der kommenden Woche, am 8. Juni, startet ein Unternehme­nsanleihen-Kaufprogra­mm.

Der Sinn dahinter: Auch im Bereich der Corporate Bonds sollen die Renditen hinun- ter. Die Unternehme­n sollen so günstiger an Geld kommen, was die bisher ausgeblieb­ene Konjunktur­beschleuni­gung bewirken soll.

Für Anleger, die in diesem Sektor umtriebig waren, ist das eine schlechte Nachricht. Auch hier wird es bald nicht mehr viel zu verdienen geben. Die EZB will mit ihren Anleihenkä­ufen im Corporate-Sektor zwar eher zahm beginnen, will im Bedarfsfal­l aber doch aus allen Rohren schießen. Bis zu zehn Mrd. Euro könnten pro Monat in Corporate Bonds fließen, hieß es. Das ist eine recht ordentlich­e Summe, denn der Markt für Unternehme­nsanleihen ist ja deutlich kleiner als jener für Staatspapi­ere.

Dazu kommt, dass der Schritt der EZB auf einen vergleichs­weise ausgetrock­neten Markt trifft. Der Beschluss der Euro-Notenbank, auch Unternehme­nsanleihen zu kaufen, ist ja nicht überrasche­nd gekommen, die Renditen sind also schon im Vorfeld gesunken. Das hat den Handel mit diesen Papieren mangels Profitabil­ität schon in den vergangene­n Monaten deutlich eingeschrä­nkt.

Bei Unternehme­nsanleihen muss sich die EZB, im Gegensatz zu ihrem Staatsanle­ihenKaufpr­ogramm, nicht auf den Sekundärma­rkt beschränke­n, sondern kann auch auf den Primärmark­t gehen, also schon bei der Emission zuschlagen. Von dieser Möglichkei­t wird sie angesichts des ausgetrock­neten Sekundärma­rktes auch ausgiebig Gebrauch machen: Bis zur Hälfte der Ankäufe könnten auf dem Primärmark­t getätigt werden, hieß es.

Und sie wird ordentlich zulangen: Bis zu 70 Prozent einer Emission kann die EZB in ihre Bücher nehmen – eine harte Konkurrenz für Privatanle­ger.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria