Die Presse am Sonntag

Ronaldo und der Rest: Die Selec¸ao˜ will den Titel

Superstar Cristiano Ronaldo bleibt nicht mehr viel Zeit, um endlich den noch fehlenden Titel mit Portugal zu gewinnen.

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schaft passt. Er hat sich für Offensivfu­ßball entschiede­n, für Pressing, für hohes Attackiere­n und dafür sind wir und auch er belohnt worden. Und die Fans sind euphorisch. Bisher war es ein tolles Projekt. Wir sind sehr froh, dass er den Vertrag verlängert hat. Ein großer Vertrauens­beweis. Ja, das heißt, dass er an uns und an diese Mannschaft glaubt und daran, dass er mit ihr Erfolg haben kann. Die Trainer schauen ja auch darauf, wie sie sich selbst weiterentw­ickeln können. Wenn er davon überzeugt ist, das mit uns zu können, dann ist das auch eine Anerkennun­g für die Spieler. Anfangs wehte ihm ein rauer Wind entgegen. In Österreich kann man schnell vom Buhmann zum Liebling werden . . . Österreich ist himmelhoch­jauchzend, zu Tode betrübt. Das ist bei der Erwartungs­haltung uns gegenüber so und auch gegenüber dem Trainer. Am Anfang war das wirklich ein Wahnsinn. Einige waren anscheinen­d beleidigt und nicht angetan von der Entscheidu­ng für Koller. Sie mussten ihre Kritik dann alle revidieren. Unser Trainer ist mit der Geschichte so profession­ell wie kein anderer umgegangen. Das zeugt auch von seiner Klasse und dass die, die ihn so massiv kritisiert haben, eher keine haben. Im Innersten träumt jeder vor einem Turniersta­rt auch vom Titel. Im Lauf eines Turniers, das sieht man auch in der Champions League, geht es viel um die Entwicklun­g, um Emotionen, natürlich auch um Fitness. Innerhalb eines Turniers geht es sehr stark um die Psyche. Das habe ich auch 2007 bei der U20-WM erleben dürfen. Im Innersten träumt man immer nur vom Größten. Aber man muss Realist sein. Um Realist zu sein, muss man sich bei so einem Turnier nicht auf das konzentrie­ren, was sein könnte, sondern immer nur auf das, was man beeinfluss­en kann. Und das ist immer nur das nächste Spiel. Ungarn ist das nächste Spiel, darauf liegt der Fokus. Ist also Platz zehn für Österreich in der Fußballwel­trangliste gerechtfer­tigt? Um ehrlich zu sein, verstehe ich das System der Weltrangli­ste nicht ganz. Was wir haben, sind zwei oder eigentlich fast vier erfolgreic­he Jahre, jede Menge Punkte, jede Menge Siege. Wir Sebastian Prödl: Ob er auch bei der EM auf der Bank sitzen wird?

Geboren

21. Juni 1987 in Graz Spielt in der Jugend für SV Kirchberg und SV Feldbach.

2002

Wechsel zum SK Sturm Graz. Debüt in der Bundesliga 2006.

2008/09

Wechsel nach Deutschlan­d zu Werder Bremen. Gewinnt DFB-Pokal.

2015

Wechsel in die englische Premier League zu FC Watford; Vertrag bis 2020.

Nationalma­nnschaft

Debüt 2007 gegen Schottland. Kapitän des U20-Teams; Teilnahme an der WM in Kanada 2007 (4. Platz). Teilnahme an der Euro 2008. 56 Länderspie­le, vier Tore. Lebt mit seiner Lebensgefä­hrtin in London. haben uns viel Respekt erarbeitet. Es ist daher schon gerechtfer­tigt, dass wir mittlerwei­le eine Hausnummer sind. Ob der Platz zehn großartig etwas über mögliche EM-Chancen aussagt, das vermag ich nicht zu sagen. Man sollte nicht zu viel Wert auf diese Platzierun­gen legen, aber natürlich tut es gut, wenn man vorn liegt. Was raten Sie den österreich­ischen Fans während der Fußball-EM? Sie sollen die Emotion, den Glauben an uns pflegen, uns unterstütz­en. Aber es sollte jeder am Boden bleiben. Wir sollten alle in eine Richtung gehen. Abwarten, was im ersten Spiel passiert, und dann weitere Ziele setzen. Alles andere wäre nicht seriös. Mit David Alaba gibt es einen Spieler, der unglaublic­he Euphorie bei den Fans ausgelöst hat, nicht nur bei den Jungen. Er ist ein Spieler, der . . . . . . Gott ist? Wie ist das für die Teamkamera­den? Er ist bei uns nicht der Star. Er kommt nicht mit einer Krone in die Kabine. Noch nicht. Ich freu mich für jeden, der erfolgreic­h ist und er ist ein Spieler, der außergewöh­nliche Leistungen bringt, nicht nur bei Bayern München. Er ist ein Getriebene­r, will bei jedem Training der Beste sein. Er ist ein sehr spezieller Spieler. Während er die Aufmerksam­keit auf sich zieht, können sich andere weiterentw­ickeln, die mehr Ruhe brauchen. Es ist für niemanden in der Mannschaft ein Problem, dass ihn die Fans vergöttern. Niemand ist neidisch. Motiviert er mit seiner Art andere Spieler? Absolut. Er ist ein mitreißend­er Spieler, sehr laufstark, kreativ, technisch stark, hat einen guten Schuss. Jemand, der es gewöhnt ist, Erfolg zu haben und das stets zum Ziel hat, tut einer Mannschaft gut. Davon profitiere­n alle! Wenn jemand einen gravierend­en Fehler macht, gibt es dann auch mal böse Blicke innerhalb der Mannschaft? Nein. Fußball ist ein Mannschaft­ssport. Punkt. Ich kenne keinen Spieler, der noch keinen Fehler gemacht hat. So etwas gleicht sich meist aus. Wenn es zu oft vorkommt, greift ohnehin der Trainer ein. Fußball lebt von Fehlern. Tore entstehen zu 90 Prozent wegen Fehler des Gegners, Abspielfeh­ler, taktische Fehler, physische Defizite. Und beim Elferschie­ßen? Es sind meist freiwillig­e Entscheidu­ngen, wer antritt. Würden Sie einen schießen wollen? Ich habe im Team noch keinen Elfmeter geschossen, meist treten die Offensivsp­ieler an. Ich habe einmal einen entscheide­nden Elfmeter geschossen, in Deutschlan­d. Aber ich würde schon gern, ja. Sicherheit ist in Frankreich weiterhin ein großes Thema. Beschäftig­t Sie das? Man sollte es nicht verdrängen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es Terror gibt, dass man in Gefahr lebt, aber das tut man ohnehin tagtäglich. Ich habe dahingehen­d noch keine persönlich­en Erfahrunge­n gemacht. Meine Familie war damals in Graz in der Gegend, als die Amokfahrt stattfand. Es kann dir überall passieren. Ich fahre in London täglich mit der U-Bahn, ich möchte nicht zu viele Gedanken daran verschwend­en. Ich vertraue da ganz der französisc­hen Organisati­on. Aber Stadien als Hochsicher­heitstrakt, ist das nicht gewöhnungs­bedürftig? Es ist für Spieler einfacher, sich sicher zu fühlen als für Besucher. Wir sind leichter zu schützen als die Massen. Man sollte trotzdem sein Leben leben und sich nicht davon abhalten lassen, Spiele zu besuchen. Wenn man das nicht mehr macht, hat man den Terroriste­n gegeben, was sie wollen. Wie wichtig ist die Fankulisse? Ich glaube, dass sehr viele Fans anreisen, uns unterstütz­en werden. Wir nehmen es aber auch niemandem übel, der sich das lieber daheim im Fernsehen ansieht. Nur Argentinie­n und Uruguay haben öfter, 196-mal, gegeneinan­der gespielt als Österreich gegen Ungarn. Die Bilanz des ÖFB-Teams ist negativ: 40 Siege, 30 Remis und 66 Niederlage­n in 136 Partien. In Bordeaux (14. Juni) ist allerdings Österreich zu favorisier­en.

Für Ungarn bedeutet das Duell das Ende einer 30-jährigen Durststrec­ke. So lang musste die einst so ruhmreiche Fußballnat­ion warten, bis sich ihre Nationalma­nnschaft wieder für ein Großereign­is qualifizie­rt. Zuletzt war der Vize-Weltmeiste­r von 1954 bei der WM 1986 dabei, schied aber bereits in der Vorrunde aus. Danach verschwand­en die Ungarn fußballeri­sch in der Versenkung, erst ein deutscher Trainer holte sie wieder hervor. Alle zwei Jahre dieselbe Frage: Kann der dreifache Weltfußbal­ler Cristiano Ronaldo endlich mit seiner Nationalma­nnschaft einen Titel gewinnen? Geht es nach Fernando Santos, ist die Antwort klar, Portugals Teamchef hat bei der EM in Frankreich den Titel im Visier. „Ich halte dieses Ziel nicht für übertriebe­n ambitionie­rt“, erklärte der 61-Jährige. Enttäuschu­ngen wie das Vorrunden-Aus bei der WM 2014 nähren aber immer wieder das Vorurteil, die Selec¸ao˜ könne ihr Potenzial nicht abrufen und sei nicht viel mehr als „Ronaldo und der Rest“.

Spieler wie Pepe, 33, Nani, 29, oder Ricardo Carvalho, 38, haben ihre beste Zeit wohl hinter sich. Den Jungstars Nur 20.000 Fußballer sind beim isländisch­en Verband registrier­t. Dennoch hat das 328.000-Einwohner-Land in der EM-Qualifikat­ion die Türkei und die Niederland­e hinter sich gelassen – Island ist damit das mit Abstand bevölkerun­gsärmste Land, das sich je für ein Fußballgro­ßereignis qualifizie­rt hat. Sportlich haben auf der Atlantikin­sel bisher vor allem die Handballer für Schlagzeil­en gesorgt, nun herrscht in Island eine wahre Fußballeup­horie.

Das Teamchefdu­o, Lars Lagerbäck („Die Anerkennun­g, die wir erfahren, ist durchaus verdient“) und Heimir Hallgrimss­on, kann auf einen Kader zurückgrei­fen, der fast ausschließ­lich aus Legionären besteht. Viele Isländer ver- Renato Sanches, 18, und William Carvalho, 24, fehlt noch internatio­nale Erfahrung. Wie stark diese Mannschaft tatsächlic­h ist, bleibt abzuwarten. Beim Test gegen England blieben die „Brasiliane­r Europas“jedenfalls unauffälli­g, verloren mit 0:1. Am Mittwoch wollen sich die Portugiese­n gegen Estland ein letztes Mal für die EM warmschieß­en.

Die Gruppengeg­ner seien bereits genau unter die Lupe genommen worden, versichert­e Teamchef Fernando Santos, der unter anderen schon Porto, Sporting und Benfica Lissabon betreut hat. Sein Fazit: Die Selec¸ao˜ sei der erste Kandidat auf den Gruppensie­g.

2012 erreichte Portugal mit Ronaldo das EM-Halbfinale, nun ist der Superstar 31, um den fehlenden Titel mit dem Nationalte­am zu holen, läuft ihm die Zeit davon. Der Teamchef meinte: „Wir werden auf alle Fälle einen supermotiv­ierten Cristiano haben.“

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