Die Presse am Sonntag

Der letzte Gong nach drei Jahrzehnte­n Fight

Muhammad Ali, der größte Champion in der Geschichte des Boxsports, ist in der Nacht auf Samstag mit 74 Jahren verstorben. Seinen letzten großen Fight hatte er seit Anfang der 1980er ausgetrage­n: nämlich gegen das Nervenleid­en Parkinson.

- VON HARTMUT SCHERZER

Sein schwerster Kampf dauerte 32 Jahre. Schon seit Herbst 1984, da war er erst 42 Jahre alt, ja vermutlich noch früher, kämpfte Muhammad Ali gegen Parkinson. Mit Würde und Demut. Schicksals­ergeben. In der Nacht auf Samstag hat der größte Athlet in der Geschichte des Boxens den Kampf gegen die Nervenkran­kheit verloren, wurde erlöst von einem Leiden, das ihm im letzten Drittel seines dramatisch­en Lebens genommen hatte, was ihn einst weltberühm­t gemacht hat: seine Athletik und seine Sprache. Muhammad Ali ist in einem Krankenhau­s in Phoenix, Arizona, gestorben. Der dreimalige Boxweltmei­ster im Schwergewi­cht wurde 74 Jahre alt. Epische Boxschlach­ten. Unvergesse­n sind die Dramen im Ring, die Jahrhunder­tkämpfe der ersten Hälfte der 1970er: Der „Fight of the Century“, den Ali gegen Joe Frazier 1971 im New Yorker Madison Square Garden mit einem schweren Niederschl­ag in der letzten Runde nach Punkten verlor, weil ihm in der langen Zwangspaus­e ab 1967 der tänzerisch­e Stil − „float like a butterfly, sting like a bee“− abhanden gekommen war. Beim „Rumble in the Jungle“1974 in Kinshasa (Zaire) holte er den Titel zurück: Mit der neuen Seiltaktik „rope a dope“ermüdete er George Foreman und schlug ihn in Runde acht k. o. Beim „Thrilla in Manila“1975, der brutalsten und epischsten Schlacht der Boxgeschic­hte, durfte Frazier auf Ge- heiß seines Trainers, Eddie Futch, zur letzten Runde nicht mehr antreten. „Der nächste Schlag hätte tödlich sein können“, entschied der weise Mann. Ein völlig ausgezehrt­er Ali stöhnte: „Es war wie der Tod. Ich habe erfahren, was dem Sterben am nächsten kommt.“

Er hatte noch seinen „Sklavennam­en“Cassius Clay getragen, als er mit 22 Jahren Sonny Liston zur Aufgabe gezwungen hatte und 1964 in Miami sensatione­ll Weltmeiste­r wurde. Beim Comeback zwei Jahre nach seiner Rücktritts­erklärung (1978) wurde der nun 38-jährige Exchampion von seinem einstigen Sparringpa­rtner Larry Holmes so verprügelt, dass sein legendärer Trainer, Angelo Dundee, unter Tränen das Debakel nach Runde zehn beendete. Kurz nach dieser Demütigung am 2. Oktober 1980 im Caesar’s Palace von Las Vegas merkten Freunde, dass Alis Hände leicht zitterten und er langsamer sprach, manchmal nuschelte. Dennoch folgte ein Jahr später das „Drama in Bahama“, die entwürdige­nde Niederlage gegen einen gewissen Trevor Berbick – der endgültig letzte Kampf mit knapp 40 Jahren, die fünfte in 61 Kämpfen.

Alis letzter weltöffent­licher Auftritt bei der Eröffnungs­feier der Olympi-

Letzter großer Auftritt bei der Eröffnung der Olympische­n Spiele 2012 in London.

schen Spiele 2012 in London war erschütter­nd und bestürzte Millionen in aller Welt vor den Fernsehger­äten und 79.000 Zuschauer im Olympiasta­dion zutiefst. Die Spiele, die so heiter werden sollten, hatten bei der Flaggenzer­emonie ihren traurigste­n Moment. Der größte Boxer aller Zeiten, einst Inbegriff

 ?? GettyImage­s ?? „The Greatest“: Muhammad Ali 1963, noch unter dem Namen Cassius Clay, beim Aufwärmen vor einem Kampf in Pittsburgh.
GettyImage­s „The Greatest“: Muhammad Ali 1963, noch unter dem Namen Cassius Clay, beim Aufwärmen vor einem Kampf in Pittsburgh.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria