Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Internatio­nal beachtet. Das Dorotheum erzielte für ein Gemälde des belgischen Künstlers James Ensor einen Sensations­preis und erntet dafür viel Aufmerksam­keit aus dem Ausland.

Es passiert nicht oft, dass ein Auktionser­gebnis aus Wien internatio­nale Medienaufm­erksamkeit erhält. Dem Dorotheum ist das mit „Baptemeˆ de masques“von James Ensor gelungen. Das bisher unbekannte Gemälde des belgischen Künstlers war eines der Höhepunkte der Auktion Klassische­r Moderne und ging mit einer oberen Schätzung von 500.000 Euro an den Start. Es wechselte nach einem Bietgefech­t schließlic­h für knapp über eine Million Euro den Besitzer. Es ist ein absoluter Spitzenpre­is für ein Spätwerk Ensors.

In diesem Gemälde kommen alle künstleris­chen Prinzipien Ensors zur Geltung: das Licht, das die Perlmuttfa­rben verstärkt, das Bestreben nach Moderne, die Masken, durch die die Realität verschwimm­t, und letztendli­ch seine Selbstdars­tellung als Marionette einer Maskerade. Das Maskeraden­thema war eines der beliebtest­en Ensors. Verkanntes Genie. Ensor gilt als einer der Väter der Moderne. Er wurde geschätzt von Künstlerko­llegen wie Paul Klee, Emil Nolde oder Ernst Ludwig Kirchner, erlangte aber nie auch nur annähernd deren Bekannthei­tsgrad. Der erste Direktor des Museum of Modern Art schrieb 1954 über Ensor: „Um 1887 war Ensor der fortschrit­tlichste lebende Maler.“Er galt als verkanntes Genie, die Kunst war aber zeitlebens nur ein Nebenjob. Erst spät erfährt er Anerkennun­g. 1922 wird er Mitglied der Königliche­n Akademie der Schönen Künste und seine Werke werden in Ausstellun­gen gezeigt. Nach seinem Tod organisier­t das Museum of Modern Art in New York 1951 die erste Retrospekt­ive in den USA. Immer wieder wird sein Werk neu entdeckt, unter anderem von Keith Haring, der Ensor ein zweiteilig­es Bild in SchwarzWei­ß, „Untitled for Ensor“widmet, auf dem ein Skelett mit Urin ein paar Blumen düngt.

Größere internatio­nale Bekannthei­t erlangte er erst 2009 durch eine Retrospekt­ive im Pariser Musee´ d’Orsay und dem Museum of Modern Art in New York. Parallel damit stieg auch die Nachfrage. Im selben Jahr erreichte ein Werk bei Christie’s in Paris 4,4 Millionen Euro, den bislang zweithöchs­ten Preis. Der Rekordprei­s von sechs Millionen Dollar wurde erst im November des Vorjahres von Sotheby’s in New York für „Les Poissardes Melancoliq­ues“´ erzielt. In derselben Auktion wurde ein weiteres Werk des Künstlers für 2,3 Millionen Dollar verkauft. Das Bild im Dorotheum kann zwar nicht ganz mit dem Rekordnive­au mithalten, doch die Verdoppelu­ng des Schätzwert­es auf eine Million Euro ist ein hervorrage­ndes Ergebnis, das eben sogar für internatio­nale Aufmerksam­keit sorgt.

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