Die Presse am Sonntag

Das Warten bei der Fußball-EM 2016:

Wenige und wenn, dann erst späte Tore. Randale statt friedliche­r Euphorie, die Suche nach dem Mittelstür­mer – und das Ausbleiben von Erfolgsmel­dungen des ÖFB-Teams.

- VON MARKKU DATLER

ler, die im Strafraum warten, auf passable Flanken oder davor auf den Pass in die Tiefe. Der typische Mittelstür­mer – groß, schnell und breit – er scheint seinen Platz im modernen Fußball verloren zu haben. Oder er trifft bei diesem Turnier plötzlich nicht mehr, etwa wie Robert Lewandowsk­i. Unter den 25 teuersten Spielern der Welt, laut www.transferma­rkt.de, ist der Pole neben dem aus der E´quipe Tricolore geworfenen Karim Benzema der einzige Europäer auf dieser klassische­n Position.

Diese Fußball-EM verlangt Geduld von ihren Zuschauern. Das Warten auf Tore, besseres Wetter, das Warten auf das Ende dieser elenden, entbehrlic­hen Randale, das Warten auf österreich­ische Erfolgsmel­dun- gen – es wurde in Wahrheit zu oft auch das Warten auf den Abpfiff, weil Spannung und Strafraums­zenen, Fouls und Tore fehlten. Wer aber zu früh abschaltet­e, beging dann doch einen kapitalen Fehler, verpasste so die meisten Pointen. Elf Tore fielen erst ab der 85. Spielminut­e, sechs sogar erst in der Nachspielz­eit.

Das ist, in Wahrheit, keineswegs konsumente­nfreundlic­h, auch bei Zuschauern schwinden ja zusehends Konzentrat­ion und Interesse. Dieser Trend schreit lauthals nach einer wohlkalkul­ierten Reform: Bei einer EM sollten auch echte Zwerge wie Malta, Liechtenst­ein oder Andorra mitspielen dürfen. Dann gäbe es mehr Tore, die Rückkehr des heroischen Mittelstür­mers – den Uefa-Büro- kraten wäre es sicher recht. Mehr Starter, höhere Einnahmen, bessere TV-Rechte, mehr Geld. Vielleicht stockt der neue UefaPräsid­ent das Turnier ohnehin noch einmal auf. Womöglich findet Michel Platinis Nachfolger Gefallen an der vollkommen wahnwitzig­en EM 2020 mit ihrem pan-europäisch­en Erscheinun­gsbild und lässt 32 Länder das Ereignis 2024 veranstalt­en. Dann hätte man noch größeres Reisefiebe­r, würde noch mehr warten – auf Bus, Zug, Flugzeug, Tore, den Abpfiff.

Diese EM versprüht kaum Esprit, Österreich­s Fußballer haben daran sehr großen Anteil. Sie ließen zu lange auf sich warten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria