Die Presse am Sonntag

Kaffee, kaltes Wasser und zwölf

Evelyn Priesch und Werner Savernik stellen in ihrer Rösterei Cold Drip Coffee her. Dabei tropft kaltes Wasser stundenlan­g auf gemahlenen Kaffee. Das Ergebnis ist aromatisch­er und stärker.

- VON KARIN SCHUH

Kalter Kaffee gilt ja gemeinhin nicht gerade als Inbegriff des Genusses. Da nutzt selbst das Sprichwort „Kalter Kaffee macht schön“nicht viel. Mit Ausnahme des Eiskaffees, bei dem Kaffee dank Vanilleeis­es und Schlagober­s gerade noch als Dessert durchgeht, stand kalter Kaffee bis vor Kurzem eben noch an unterster Stelle auf der Beliebthei­tsskala der Österreich­er.

Das soll sich jetzt bald ändern. Immerhin setzen nicht nur die vielen kleinen Kaffeegesc­häfte und -bars, die in den letzten Jahren wie die sprichwört­lichen Schwammerl­n aus dem Boden geschossen sind, auf kalten Kaffee, sondern auch große Ketten wie Starbucks. Wobei das dann natürlich nicht kalter Kaffee heißt, sondern Cold Brew bzw. Cold Brewed Coffee, Cold Drip oder Espresso on the Rocks.

Das ist allerdings nicht nur als Marketings­chmäh zu verstehen. Immerhin handelt es sich hier eben nicht um normal gebrühten und anschließe­nd erkalteten Kaffee (mit Ausnahme des Kaffees on the Rocks). Vielmehr wird Cold Brew – um sich hier auf einen Überbegrif­f zu einigen – ganz anders hergestell­t, nämlich mit kaltem Wasser. Je nach Herstellun­gsart ist das Verfahren viel einfacher oder eben komplexer als „normaler“, also heißer Kaffee.

Denn im Grund handelt es sich bei Cold Brew um grob gemahlenen Kaffee, der mehrere Stunden in kaltem Cold Brewed Coffee ist kalt gebrühter, also eigentlich angesetzte­r, Kaffee. Die Bezeichnun­g Cold Brew dient auch als Überbegrif­f für kalten Kaffee. Cold Drip wird mittels Dripper hergestell­t, bei dem kaltes Wasser langsam auf den Kaffee tropft. Iced Coffeee ist warm gebrühter Kaffee, der anschließe­nd gekühlt wird, indem er z. B. über Eis gegossen wird. Wasser zieht und anschließe­nd abgeseiht wird. Dafür gibt es mittlerwei­le eigene Kannen aus Glas, die – ähnlich einer Teekanne – einen Filter haben. Full Immersion oder Immersion Brew nennt sich das. „Wenn man das mit Autos vergleicht, ist das ein Porsche, also ein durchaus guter Kaffee“, sagt dazu Werner Savernik, der gemeinsam mit Evelyn Priesch die Kaffeepira­ten in der Wiener Josefstadt betreibt. Die Kaffeepira­ten sind nicht nur eine junge Kaffeebar, sondern auch eine kleine Rösterei und eine der vielen neuen Anlaufstel­len für Kaffee. Sieben Espressi. Neben der Full-Immersion-Version, also dem kalten Ansatz, gibt es noch eine etwas komplexere Variante, um kalten Kaffee zu produziere­n. Dafür braucht es ein eigenes Gerät, den sogenannte­n Cold Dripper. „Man kann ihn mit einem Bentley oder einem Aston Martin vergleiche­n“, sagt Savernik. Nachsatz: „Aber ich bin mir nicht sicher, ob der Vergleich stimmt. Wir haben einen alten Citroen,¨ wir investiere­n lieber bei Kaffee in Qualität, nicht bei Autos.“Aber zurück zum Cold Dripper, der ein bisschen an ein Gerät aus einem Chemielabo­r erinnert und aus Südkorea stammt, wo Cold Brew schon länger getrunken wird. Das Prinzip ist recht einfach – und langwierig: Oben wird kaltes, gefilterte­s Wasser eingefüllt, das dann langsam auf den grob gemahlenen Kaffee tropft. Hat sich das Kaffeepulv­er im mittleren Gefäß komplett mit Wasser vollgesaug­t, öffnet man den unteren Hahn, und der kalte Kaffee tropft heraus. Das kann bis zu zwölf Stunden dauern.

Cold Brew hat weniger Bitterstof­fe, dafür mehr Aromastoff­e und Koffein.

„Mit diesem Verfahren werden weniger Säure- und Bitterstof­fe gelöst, dafür aber viel mehr Aromen. Der Kaffee ist magenfreun­dlicher und leichter verträglic­h“, sagt Evelyn Priesch. Leichter ist er deshalb aber nicht. In einem 200 Milliliter fassenden Fläschchen Cold Brew Coffee, das die Kaffeepira­ten verkaufen, ist so viel Koffein enthalten wie in sieben bis acht Espressi.

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