Salzen, grillen, rasten lassen
Die Grillsaison läuft auf Hochtouren – die Outdoorküchen sind gerüstet, die alten Griller gegen Barbecuestationen und professionelle Smoker ausgetauscht. Auch die Auswahl der Grillfans in Österreich fällt nicht mehr nur auf Würstel, es soll schon ein dickes Steak mit AMA-Gütesiegel sein. Und dann auch nicht immer ein klassisches Filet, sondern vielleicht einmal ein Tomahawk, ein Rib Eye oder ein Beiried.
Wenn es um die besten Teile vom Rind geht, weiß kaum jemand besser Bescheid als Grillweltmeister und Haubenkoch Adi Bittermann in Göttlesbrunn (siehe Interview rechts). Für ihn eignet sich der Herzzapfen ganz besonders für Steaks, er empfiehlt ihn im Ganzen medium rare zu garen und dann aufzuschneiden. Und auch eine andere Empfehlung gilt einer Sorte Fleisch, an die man vielleicht nicht gleich denkt: Siedefleisch eignet sich laut Bittermann perfekt für eine genussvolle Grillerei. Man sollte allerdings das Fleisch 24 Stunden auf dem Smoker langsam garen und dann kurz scharf grillen.
Gut gereiftes Fleisch
Ganz entscheidend aber ist die Qualität des Grundprodukts. Das bedeutet, dass das Fleisch perfekt gereift sein muss, wobei die Reife freilich von der Tierart, der Rasse, vom Geschlecht, dem Alter des Tieres und vom jeweiligen Teilstück abhängt. Rindfleisch mit dem AMA-Gütesiegel etwa muss mindestens neun Tage gereift sein. Man erkennt es an der rotbraunen Farbe und mit einem Fingertest: Bleibt eine kleine Mulde, die nur langsam verschwindet, wenn man ins Fleisch drückt, ist es gut gereift.
Die Qualität von bestem Fleisch zeige sich schon im Rohzustand, meint Bittermann. Wichtig sei etwa das sichtbare intermuskuläre Fett als Geschmacksträger. Außerdem erkenne man hochwertiges Fleisch an seiner eher trockenen Oberfläche. „Langsam gewachsenes Fleisch hat feste Zellen, die die Flüssigkeit halten, das rohe Fleisch greift sich deshalb fast trocken an, keineswegs glitschig oder nass“, erläutert Bittermann, der unter anderem einen Diplomfleischsommelier-Lehrgang in Kooperation mit der AMA absolviert hat. Nun gibt er dieses Wissen selbst bei Grillkursen weiter.
Fleisch erster Wahl hat für den Haubenkoch seinen Preis: „Gu- te Fütterung und Möglichkeiten zur Bewegung sind wichtig für die Fleischqualität, das ist mit zusätzlichem Aufwand für den Bauern verbunden, der abgegolten werden muss.“Artgerechte Tierhaltung in Verbindung mit der richtigen Rasse ist die Voraussetzung für hochwer- Steak ist nicht gleich Steak, es ist davon abhängig, von welchem Teil des Rindes es stammt. Wie es gereift wird und geschnitten ist, wird in verschiedenen Ländern unterschiedlich bezeichnet, was bei Konsumenten manchmal zur Verwirrung führt. Jedes Stück vom Rinderrücken hat seine Vorzüge, von ganz mageren Fleischqualitäten bis zur stärkerer Marmorierung und Fetteinschlüssen. Zu den Edelteilstücken zählen „der Englische“, der sich an der Rückenmuskulatur des Tieres befindet. Aus diesem Teil werden der Lungenbraten, der Rostbraten, der Rieddeckel oder das Beiried herausgeschnitten. Wobei auch deren Teile wieder unterteilt werden – der Lungenbraten etwa in Filet- tiges Fleisch. Deshalb erarbeitete Bittermann auch ein Fütterungsprogramm für Schweine und gemeinsam mit Schlachtbetrieben optimiert er die Zerlegung für mehr Fleischqualität. Denn: „Fleisch ist nicht gleich Fleisch, Qualität merkt und schmeckt man“. spitzen, Filetmittelstück, Filetkopf und Filetmignon. Dass in den vergangenen Jahren rund um das boomende Grillen viele neue Begriffe aufgetaucht sind, tut nichts zur Sache: Alle diese Eigenschaften kann Rindfleisch mit dem AMA-Gütesiegel bestens erfüllen. Es eignet sich für alle Zubereitungen und Cuts für das moderne Barbecue.
Nicht zu vergessen ist der ernährungswissenschaftliche Aspekt von Fleisch: Als hochwertiges Lebensmittel kann es zu einer ausgewogenen Ernährung beitragen. Es liefert Eiweiß, aber auch Mineralstoffe wie Eisen und Zink, Selen, Phosphor, Magnesium und Kalium. Und gegrillt schmeckt es vorzüglich. Adi Bittermann: Ja, man kann sagen: eine Minute pro Zentimeter auf jeder Seite an der heißesten Stelle des Grills. Das ist eine Geschmacksfrage. Will man sich mehr am Eigengeschmack des Fleisches erfreuen oder mehr an der Marinade und der Würzung? Mariniertes Fleisch soll idealerweise im Smoker bei niedriger Temperatur gegart und danach scharf gegrillt werden. Damit verhindert man, dass die Kräuter beim Grillen verbrennen und bitter werden. Man kann das Fleisch aber auch nach dem Grillen marinieren: Das gesalzene und gegrillte Fleisch danach für zehn Minuten in die kühlere Zone des Rostes legen und dort mit Butter, Olivenöl, Pfeffer und Kräutern marinieren. Kurz vor dem Auflegen salzen, denn Salz ist der Botenstoff, es bringt auf dem heißen Grill die Kohlenhydrate an die Oberfläche. Das sorgt für die Grillmarkierung, den Röstton, die Karamellisierung. Da gibt es Auqaplaning auf der Zunge. Im Smoker sollte es nicht mehr als hundert Grad haben, man lässt das Fleisch 24 Stunden drinnen und grillt es danach nur kurz an. Fleisch vom Schwein ist hervorragend fürs Grillen geeignet, wenn die Qualität passt. Besonders gut fürs Grillen eignet sich meiner Ansicht nach das Schweinefleisch vom Edel- und Landschwein, auch die Rassen Duroc und Mangalitza sind sehr empfehlenswert. Schweinefleisch kann bis zu 14 Tage nach der Zerlegung in der Vakuumpackung reifen. Bei Rindfleisch können es auch drei Wochen oder länger sein. Schöne Schweinskoteletts überzeugen durch ihre frische, rosa Fleischfarbe und mehr noch durch ihr festes, fast weißes Fett sowie ein stabiles Bindegewebe um die einzelnen Fleischpartien. Das gilt im Übrigen auch für Kalbs- und Lammkoteletts, denn aus der Fett- und Bindegewebsqualität kann man Rückschlüsse auf die Fleischqualität ziehen. Der frische Anschnitt des Fleisches sollte schön feucht, aber keineswegs nass sein, das Ende der Rippenknochen ist bei frischen Koteletts rötlich.