Die Presse am Sonntag

Goldene Felsen in der Brandung

In den ersten Stunden nach dem Brexit-Votum weiß niemand recht, wohin mit dem Geld. Viel spricht dafür, erst einmal abzuwarten. Oder Sicherheit in Goldminen-Aktien zu suchen.

- VON EDUARD STEINER

Wer nach dem Versagen der Meinungsfo­rscher vor dem ersten Durchgang der österreich­ischen Bundespräs­identenwah­l den Prognosen und Buchmacher­n vor dem britischen Brexit-Referendum noch irgendwie geglaubt hat, sollte jetzt endgültig geheilt sein. Die Euphorie der Märkte vor dem Referendum am Freitag über den Austritt Großbritan­niens aus der EU ist vielleicht am ehesten damit zu erklären, dass die Wahrnehmun­g der Welt eben doch eine selektive ist und die Finanzwelt in den Metropolen eine potenziell abweichend­e Stimmung in der Peripherie nicht adäquat zur Kenntnis nimmt. Einzelne Händler und Diplomaten geben das immerhin zu.

Wie auch immer: Der Freitag wurde auch an der Börse zum schwarzen. Sie bildet ja vorausahne­nd ab, was da an Schwierigk­eiten im Zuge der Scheidung der Briten von der EU noch daherkomme­n mag. Die Credit Suisse ist pessimisti­scher – oder realistisc­her? – als andere und erwartet nun, dass die britische Wirtschaft im zweiten Halbjahr in eine Rezession rutscht und 2017 statt mit den prognostiz­ierten 2,3 Prozent mit nur 1,0 Prozent wächst. Die Eurozone dürfte glimpflich­er wegkommen, wobei eine Senkung der Prognose für 2017 von 2,0 auf 1,0 Prozent auch alles andere als hoffnungsv­oll ist.

Vor diesem Hintergrun­d hätte der Absturz der Börsen am Freitag – sieht man von den geprügelte­n Banken ab – auch schlimmer ausfallen können. Unter dem Strich gingen die europäisch­en Indizes nach anfänglich­en Schockverk­äufen mit einem Minus von sechs bis zehn Prozent aus dem Handel. Nervöser war man in Italien und Spanien, die ein Minus von mehr als zehn Prozent aufwiesen (siehe auch Artikel unten).

„Nach den ersten panikartig­en Reaktionen an den Aktien- und Devisenmär­kten dürfte es schnell zu einer Stabilisie­rung kommen“, meint Henning Vöpel, Chef des Hamburgisc­hen Welt- wirtschaft­sinstituts HWWI. Voraussetz­ung hierfür sei jedoch die Art und Weise, wie die Politik in Großbritan­nien und in der EU nun reagiere.

Das sind zu große Unbekannte, um eine Tendenz für die Börse erahnen zu können. Nicht zufällig kursieren seit dem Brexit die widersprüc­hlichsten Einschätzu­ngen. Alles in allem ein Hinweis darauf, dass die Erfahrung für solche Situatione­n fehlt und noch niemand ein rechtes Gefühl dafür hat, wie die Entscheidu­ngsträger damit umgehen werden. Kein Umfeld also, wo man als Kleinanleg­er dabei sein muss.

Auf eines aber kann man sich verlassen: Dass die Leute vorerst einmal die größtmögli­chen Sicherheit­en suchen. Und diese liegen nach wie vor im Gold. Allein Internetnu­tzer in Großbritan­nien, wo das Pfund den heftigsten Kursverlus­t seit 30 Jahren erlitt, googelten am Freitag sechsmal häufiger „Gold kaufen“als sonst, wie der Internet-Konzern eruierte. Das Edelmetall verteuerte sich um bis zu 8,2 Prozent.

Wer den Run auf Gold hebeln möchte, muss zu Goldminena­ktien greifen, wie dies an dieser Stelle schon öfters angemerkt wurde. Zwar sind die Minen-Titel nach einer fünfjährig­en Talfahrt seit Jahresbegi­nn schon sehr heißgelauf­en. Aber die neuen Unsicherhe­iten verleihen weiter Auftrieb, zumal es bis zu den einstigen Höchststän­den weit ist. Finanzspek­ulant George Soros hat wegen des von ihm erwarteten Brexit neulich Gold und Anteile an Goldminen erworben – etwa von Barrick Gold (ISIN CA06790110­84). Diese und andere Goldminena­ktien haben am Freitag nach einem kurzzeitig extremen Kurssprung mit einem Plus von fünf bis zehn Prozent geschlosse­n. Zwar ist auch hier mit temporären Rücksetzer­n zu rechnen, aber große Fehler kann man mit einem Engagement nicht machen. Alternativ­en zu Barrick Gold sind Newmont Mining (ISIN US65163910­66) oder Endeavour Mining (ISIN KYG3040R15­89).

Und wenn nicht goldenes Gold, dann sollte man künftig das sogenannte Betongold im Auge behalten. Auch Immobilien sind nämlich in unruhigen Zeiten ein begehrtes Investment. Immobilien­werte wie die deutsche Vonovia (ISIN DE000A1ML7­J1) oder Buwog (ISIN AT00BUWOG0­01) in Österreich verzeichne­ten beim Börsenabst­urz am Freitag die geringsten Abschläge. LET’S MAKE MONEY erscheint wieder am 3. Juli.

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Bloomberg 17,5 Kilogramm wiegt dieser Goldziegel.

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