Die Presse am Sonntag

Was hilft, wenn Kinder richtig traurig sind?

Me©ikŻmente gegen Depression­en ãringen ãei Min©erj´hrigen nur wenig Erfolge. In Österreich sin© ©ie meisten Anti©epressivŻ für Kin©er zu©em gŻr nicht zugelŻssen. Dennoch wer©en sie verŻãreich­t. Kin©erpsychiŻt­er erkl´ren, wŻrum.

- VON CLAUDIA RICHTER

Die meisten Antidepres­siva sind in Österreich für Kinder gar nicht zugelassen. Trotzdem werden sie den Kleinen verschrieb­en, „off label“also, wie es im Fachjargon so schön heißt. „Antidepres­siva werden erst verordnet, wenn andere Maßnahmen erfolglos bleiben. Dann sollte man besonders vorsichtig sein. Kinder und Jugendlich­e reagieren auf Antidepres­siva anders als Erwachsene. Wir Fachmedizi­ner wissen das, und wir bedenken das“, betont Andreas Karwautz, Vizepräsid­ent der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Kinderund Jugendpsyc­hiatrie, Psychosoma­tik und Psychother­apie.

Die jüngst veröffentl­ichte MetaAnalys­e der Universitä­t Oxford zur Depression­stherapie, die für große Aufregung gesorgt hat, überrasche Kinderpsyc­hiater nicht. Für sie sei das Ergebnis dieser Auswertung von 34 klinischen Studien an mehr als 5000 Patienten im Alter von neun bis 18 Jahren nichts wirklich Neues: Die allermeist­en gängigen Antidepres­siva seien bei Kindern und Jugendlich­en unwirksam, heißt es da, am schlechtes­ten vertragen wurden Imipramin, Duloxetin und Venlafaxin. Letzterer Wirkstoff soll sogar Suizidtend­enzen steigern. „Das ist bekannt, und ich verschreib­e Venlafaxin bei Kindern prinzipiel­l nicht.“

In Österreich ist einzig das Antidepres­sivum Fluoxetin für Kinder ab acht Jahren zur Behandlung von Depression­en zugelassen – es schnitt übrigens auch in erwähnter Meta-Analyse gut ab. Warum werden dann überhaupt andere Antidepres­siva „off label“eingesetzt? „Fluoxetin hilft nicht allen Kindern, weil manche einfach andere Antidepres­siva zur Linderung ihres Leidens brauchen. Und Kinder leiden sehr“, sagt Karwautz. Psychother­apie wirkt besser. „Aus wissenscha­ftlichen Untersuchu­ngen weiß man, dass psychother­apeutische Behandlung­en bei Kindern besser wirken als Psychophar­maka. Aber auch hierzuland­e ist der Griff zu Psychophar­maka bei psychische­n Erkrankung­en von Kindern oft erste Wahl und nicht die Psychother­apie. Verantwort­lich ist auch das unzureiche­nde Angebot im Bereich der Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie“, kritisiert Eva Mückstein, Gesundheit­ssprecheri­n der Grünen, in einer Aussendung. „Das stimmt so nicht“, kontert Karwautz. Es möge schon richtig sein, dass einige Kinder Antidepres­siva unnötig erhielten, „aber größer ist sicher die Zahl jener, deren Depression­en gar nicht diagnostiz­iert worden sind, weil

Nicht ©iŻgnostizi­erte Depression­en ãringen enormes psychische­s Lei©.

Kinder ganz andere Symptome als Erwachsene zeigen“. Nicht erkannte oder falsch behandelte Depression­en im Kindes- und Jugendalte­r sind laut Karwautz das größere Problem. „Das bringt enormes psychische­s Leid und einen starken Verlust von Lebensqual­ität.“

Ein weiteres Problem sind in Österreich die ungenauen Daten über die tatsächlic­he Verabreich­ung von Antidepres­siva an Kinder und Jugendlich­e. „Die vorigen vier Gesundheit­sminister und -ministerin­nen haben es jedenfalls nicht geschafft, diese Frage zu beantworte­n“, kritisiert Christian Kienbacher, Generalsek­retär der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie. Ein Blick ins Ausland

 ?? Reuters ?? Depressive Kinder zeigen ganz andere Symptome als Erwachsene.
Reuters Depressive Kinder zeigen ganz andere Symptome als Erwachsene.

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