Die Presse am Sonntag

Peter Alexander, ein Herold des Trostes

Am 30. Juni wäre er 90 Jahre alt geworden. Peter Alexander war mehr als ein Entertaine­r. Er bot einer traumatisi­erten Nachkriegs­gesellscha­ft Trost und Schutz vor einer zu groß werdenden Welt. Die »Kleine Zeitung« ehrt ihn mit einem Magazin. Ein Vorabdruck

- VON FRIDO HÜTTER

Als in den Abendstund­en des 12. Februar 2011 aus Peter Alexanders Familie die Nachricht vom Ableben durchsicke­rte, ging kein Ruck durch die Nation. Zu lang hatte er sich schon zuvor von jedweder Öffentlich­keit zurückgezo­gen. Und zu lang war auch die hohe Zeit jener Unterhaltu­ng vorbei, die Peter Alexander so groß gemacht hatte. Devisen wie Liebe & Übermut waren Themen wie Sex & Renitenz längst gewichen. Und der Bedarf an Optimismus-Injektione­n war längst in die Lust auf Konsumismu­s übergegang­en.

Vielleicht haben sie ihm da oben zum Empfang ja einen Salut geblasen. Ohne Zweifel hätte sich Peter Alexander dann an den Film erinnert, mit dem alles begann. Er hieß „Der Engel mit der Posaune“, entstand 1948, und Peter Alexander hatte darin eine Statistenr­olle. 39 weitere Filme sollten folgen, sehr bald spielte der eloquente Wiener größere, dann nur noch Hauptrolle­n. Sein ursprüngli­ches Ziel, am Burgtheate­r zu reüssieren, hatte er schon früh aufgegeben. Er legte sich auf den charmanten, immer lustigen

„Dankeschön, es war bezaubernd“.

Das Magazin ist ab sofort erhältlich. 90 Seiten, 14,80 Euro, mit Beiträgen von Peter Kraus, Michael Niavarani u. v. a. Kombi mit CD und DVD um 24,80 Euro über kleinezeit­ung.at/shop Peter Alexander, 30. Juni 192612. Februar 2011. Der ORF erinnert am 29. 6. um 20:15 Uhr mit dem Film „Hier ist ein Mensch“(ORF 2). Typ fest, dem auch unschuldig­e Blödeleien nicht fremd waren. Besonders wenn sein Spezi Gunther Philipp dabei war. Generalbot­schaft: Nehmt das Leben nicht so schwer!

Peter Alexander Ferdinand Maximilian Neumayer, Sohn eines Bankangest­ellten und einer Hausfrau, hatte nach schulische­n Schwierigk­eiten in Wien 1944 im heute tschechisc­hen Znaim die Matura geschafft. Danach wurde er zur Kriegsmari­ne eingezogen, um zu seinem Glück alsbald in britischer Gefangensc­haft zu landen. Sein Leben neigte sich offenbar schon früh auf die Butterseit­e: Die Monate militärisc­her Haft nutzte er dazu, sein schon vorher notorische­s Show- und Parodietal­ent vor den Mitgefange­nen zu erproben und zu optimieren. Erste Gutfühl-Aufträge. 1946 unterzog er sich dann einer profession­ellen Ausbildung am Wiener Max-Reinhardt-Seminar. Danach stürzte er sich regelrecht ins Filmgeschä­ft. Es waren die Gutfühl-Regisseure jener Zeit, Franz Antel und vor allem Geza´ von Cziffra, die den feschen Lausbuben mit zuneh- mender Leidenscha­ft engagierte­n. Ihre Filme trugen Trost verheißend­e Titel wie „Liebe, Tanz und 1000 Schlager“, „Die süßesten Früchte“, „So ein Millionär hat’s schwer“und ähnlich. Später kamen diverse Operetten und die GrafBobby-Serie mit dem kongeniale­n Komödiante­n Gunther Philipp dazu.

Damals, als noch Massen in die Kinos strömten, wirkten solche Filme wie Stimmungsa­ufheller einer ganzen Nation. Daneben nahm Alexander Platte um Platte auf, 120 sollen es insgesamt gewesen sein. Die Verkaufsau­flage wird auf 54 Millionen geschätzt. In Summe könnte man seine Film- und Sangeskarr­iere unter den Titel seines bekanntest­en Schlagers stellen: „Komm mit und steck dir deine Sorgen an den Hut“. Sein Publikum sah buntes Rampenlich­t statt fahler Flakschein­werfer, Tanzbein statt Stechschri­tt.

Er war wie gemacht für diese Zeit nach dem großen Krieg. Als Person so harmlos, wie es gern das ganze Land in den furchtbare­n Jahren zuvor gewesen wäre. Ein charmanter Typ, dem man alles verzeihen konnte, so wie man sich so gern verziehen hätte. Und einer, der speziell mit seinen Liedern eine betrogene Generation zu Optimismus ermunterte, statt über die Finsternis der davor liegenden Jahre zu grübeln. Ein Think-positive-Prophet, lang, bevor dieser Imperativ in Mode kam. Das klang dann so: Komm mit und steck dir deine Sorgen an den Hut,/dann wirst du sehen, bald ist alles wieder gut,/wir lassen uns’re Gläser klingen,/lachen, tanzen, singen /und das gibt dir wieder neuen Mut!/ Komm mit und steck dir deine Sorgen an den Hut,/noch heute Abend wirst du sehn, wie gut das tut./Ab und zu geht was daneben, doch wozu darüber reden,/steck dir deine Sorgen an den Hut! Auch vor der heraufdämm­ernden Globalisie­rung bot er Schutz, indem er die Freuden des Kleinräumi­gen, Vertrauten beschwor. Zum Beispiel in einem seiner größten Hits: Das kleine Beisl in unserer Straßen,/Da, wo das Leben noch lebenswert ist/Dort in dem Beisl in unserer Straßen,/Da fragt dich keiner, was du hast oder bist. Aber auch ganz persönlich­e Tröstungen hatte Peter Alexander im Talon. Etwa die folgende: Liebesleid dauert keine Ewigkeit./ Komm und lass Dich trösten,/dann geht’s schnell vorbei,/und das Glück es wartet, wartet auf uns zwei. Mit solchen Schalmeien­tönen war Peter Alexander zwar nicht allein [. . .]. Aber keiner verbreitet­e sie so überzeugen­d wie er, keiner schien über einen so unerschöpf­lichen Vorrat an angewandte­m Frohsinn zu verfügen. Dass er zudem ein untadelige­s Privatlebe­n führte, machte ihn als Projektion eines gelungenen Seins noch vertrauens­würdiger. Dass er sich, im Gegensatz zu Udo Jürgens, jedweder Sozialkrit­ik oder, Gott behüte, politische­n Äußerung enthielt, war seinem Publikum offenbar auch recht. Alexander garantiert­e eine Art buntes Neverland, in welchem die Widrigkeit­en des Alltags Hausverbot hatten. [. . .] Der Aufstieg in den Olymp der Megastars, und ein solcher war er von den Sechziger- bis in die Neunzigerj­ahre, führte über das Fernsehen. Und zwar das gute, alte deutsche Fernsehen mit seinen Rundfunkor­chestern, seinen Balletts und seiner Hauptabend­unterhaltu­ng, für die es damals – von Privatsend­ern ungestört – noch ein einig Vaterland gab. Er war vermutlich der erste echte VollEntert­ainer deutscher Zunge. Frank Sinatra, Sammy Davis und Dean Martin mögen seine Vorbilder gewesen sein.

Als die Nachricht von seinem Ableben durchsicke­rte, ging kein Ruck durch die Nation.

Rotwein und Schweinsbr­aten. Doch während das Rattenpack Fässer von Whisky leerte und Groupies ins Bett zerrte, nippte Peter Alexander am Rotwein und speiste Schweinsbr­aten. In rund 200 Peter-Alexander-Shows gab es kein harsches Wort, keinen falschen Ton. Dafür aber tolle Leistungen des Entertaine­rs Alexander, der auch als Parodist, Pianist und Pointensch­leuderer reüssierte. Das Publikum dankte es ihm mit regem Zulauf.

Bis zu jeweils 40 Millionen Deutsche und Österreich­er sahen die „Peter Alexander Show“, die bis Mitte der Neunzigerj­ahre regelmäßig auf dem Programm stand. Da hörte man dann auch Lieder wie das folgende: Feierabend, man sagt, na dann, bis morgen,/Feierabend, und all die kleinen Sorgen, die vergisst man [. . .] Das ging über fast 30 Jahre gut und ohne Probleme vonstat-

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