Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Brexit. Die Kunstszene reagiert mit Bestürzung auf die Entscheidu­ng Großbritan­niens, aus der EU auszutrete­n. Globale Player reagieren gelassen. Sie wechseln notfalls den Standort.

London ist nach New York weltweit der wichtigste Handelspla­tz für Kunst. Der Brexit stellt diese Vormachtst­ellung in Europa nun infrage. Wie wichtig der Kreativsze­ne ein Verbleib in der EU gewesen wäre, zeigt eine Umfrage der Britischen Creative Industries Federation, in der sich 96 Prozent der Mitglieder gegen einen Brexit ausgesproc­hen haben.

Stephen Deuchar, Direktor des Art Fund, hat nach dem Referendum gegenüber „The Art Newspaper“seiner Besorgnis über die Auswirkung­en des EU-Austritts auf die Kultur des Landes Ausdruck verliehen. „Einerseits kommt es zu einer generellen finanziell­en Unsicherhe­it, das betrifft etwa die europäisch­e finanziell­e Unterstütz­ung der Kunst Großbritan­niens. Anderersei­ts und mindestens genauso wichtig ist die Auswirkung auf den Geist und die Stimmung, die Auslöser für eine Vielzahl an internatio­nalen Partnersch­aften in der Kunst sind.“Die Sorgen sind berechtigt. So schießen beispielsw­eise The European Regional Developmen­t Fund und das Creative-Europe-Programm jährlich britischen Kunstorgan­isationen Millionenb­eträge zu. Der Brexit hat sich schon vor dem Referendum negativ auf den Kunstmarkt ausgewirkt. So war die Stimmung auf der diesjährig­en Art Basel nicht zuletzt wegen des Brexit verhalten, und auch die Londoner Auktionen für Impression­ismus und Moderne, die direkt vor der Abstimmung stattfande­n, waren von der Diskussion überschatt­et. Denn die gesamtwirt­schaftlich­en Auswirkung­en auf Großbritan­nien und Europa sind noch nicht absehbar. Es gibt unter den Händlern aber auch Befürworte­r des Brexit. Sie sehen eine Chance darin, Kontrolle über die Gesetze zu bekommen. Aus einer Abschaffun­g beispielsw­eise des Folgerecht­s erwarten sie sich Wettbewerb­svorteile. Business as usual. Die großen Auktionshä­user sind gelassen: „Vorerst ist es Business as usual“, sagt ein Sprecher von Christie’s. Es werde eine geraume Zeit brauchen, bevor klar sei, welche Veränderun­gen mit einem Brexit verbunden seien. Zudem wurde die Flexibilit­ät des Hauses betont, sich an verändernd­e politische und kulturelle Bedingunge­n weltweit anzupassen. Zwischen den Zeilen gelesen, kann das auch eine Verlagerun­g des Geschäftes in andere Länder bedeuten. Denn global aufgestell­te Häuser wie Christie’s und Sotheby’s, aber auch internatio­nale Galerien wie Gagosian oder Marlboroug­h sind nicht an Standorte gebunden. Ganz anders sieht das für lokale britische Galerien und Händler aus. Ihr Überleben hängt davon ab, welchen Stellenwer­t der britische Kunstmarkt künftig in Europa haben wird.

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