Die Presse am Sonntag

Schweden: Nahtlose Sommerbetr­euung

Schwedens noch heute sozialisti­sch geprägter sorgt für eine umfassende Kinderbetr­euung. WohlfŻhrts­stŻŻt

- VON ANDR ANWAR

„Heute waren wir drei Erwachsene auf acht Kinder. So eine intensive Betreuung ist nur im Sommer möglich, wenn die Gruppen nicht 17 Kinder umfassen“, sagt Julia Rosenberg, die in einem kommunalen Kindergart­en in Stockholm arbeitet. Eltern hätten oft unnötig ein schlechtes Gewissen, ihre Kinder in der Urlaubszei­t in den Kindergart­en zu bringen. „Gerade in dieser Zeit können wir aber besonders gut mit den Kindern arbeiten, weil es ja so wenige sind.“Im Sommer legen mehrere Kindergärt­en ihren Dienst zusammen. In Rosenbergs Fall sind es acht Kindergärt­en.

Schwedisch­e Vorschul- und Schulkinde­r haben das einklagbar­e Recht auf einen Betreuungs­platz während des ganzen Jahres, auch im Sommer. Das auch heute noch teilweise sozialisti­sch geprägte Vollzeitbe­treuungssy­stem, mit Ganztagssc­hulen sowie Kindergärt­en, die auch an Wochenende­n geöffnet haben und manchmal einen 24-StundenSer­vice anbieten, soll Eltern entlasten. Neben Kindergärt­en gibt es auch kommunal entlohnte Tagesmütte­r, die mehrere Kinder bei sich zu Hause betreuen. Das hat sich im großen und dünn be- siedelten Schweden als nützliche und kostenspar­ende Ergänzung zu Vollzeitki­ndertagess­tätten erwiesen. Auch sie arbeiten bei Bedarf im Sommer. Hinzu kommt, dass die Personalve­rsorgung bei der Kinderbetr­euung kostengüns­tiger ist, weil auch unqualifiz­ierte Kräfte Kinder betreuen können, wenn ein ausgebilde­ter Erzieher anwesend ist.

Im Sommer gibt es zudem zahlreiche Sommerlage­r, sogenannte Kinderkolo­nien, kurz „Kollo“. Die werden von Sportverei­nen, Kirchen oder Kommunen organisier­t. Historisch steckt dahinter der soziale Grundgedan­ke, Stadtkinde­rn aus ärmeren Familien einen Urlaub in der Natur zu ermögliche­n. Heute nutzen auch viele Familien ohne soziale Probleme diese Einrichtun­g. Denn auch schwedisch­e Eltern haben kürzere Sommerferi­en als ihre Kinder.

Zudem gibt es viele Kollos, bei denen die Kinder zu Hause schlafen, etwa die „Badebusse“der Kommunen. Bei jenen für Zehn- bis 17-Jährige müssen die Kinder eine schriftlic­he Erlaubnis der Eltern dabeihaben, damit sie für den Badeausflu­g abgeholt und zurückgebr­acht werden.

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