Der Stollenmeister, der den Käs
In einem stillgelegten Silberbergwerk im steirischen Arzberg lagert der Stollenkäse. Das Gestein dürfte ihm guttun. Immerhin hat er schon so manche Käse-WM gewonnen.
Besser hätte sich das keine Marketingfirma der Welt ausdenken können: ein altes Bergwerk, in dem schon im Mittelalter Silber für die Grazer Münze abgebaut wurde, später auch Zink und Blei. Ein Bergwerk, das in der kleinen verschlafenen Ortschaft für Beschäftigung sorgte und vielen das Überleben sicherte. Und ein Bergwerk, das dann lange geschlossen war, um schlussendlich von einem findigen Unternehmer wieder genutzt zu werden. Allerdings nicht, um erneut Silber abzubauen. Sondern um etwas herzustellen, was heute fast schon einen weitaus größeren Wert zu haben scheint – zumindest ideell: ein Lebensmittel, das Zeit für die Reifung hat und im Einklang mit der Natur hergestellt wird.
1927 wurde das Bergwerk stillgelegt, seit 2008 wird hier wieder produziert – Käse.
Auch wenn das kitschig klingen mag, genau das ist in dem kleinen steirischen Ort Arzberg passiert. Seit dem Mittelalter wurde in dem Bergwerk nach Silber geschürft. Die Blütezeit erreichte das Bergwerk im 18. Jahrhundert, als dort 130 Knappen Bleiglanz zur Silber- und Bleierzeugung abgebaut haben. 1927 wurde das Bergwerk geschlossen. „Vor hundert Jahren hatte Arzberg mehr Einwohner als Passail“, sagt der heutige Stollenmeister, Alexander Luttenberger. Seine Heimatgemeinde Arzberg hat heute etwas über 500 Einwohner, die Ortschaft Passail kommt auf knapp 1500 Einwohner. Dass sich dieses Verhältnis so schnell ändert wird, ist zwar nicht zu erwarten. Aber immerhin tut sich seit 2008 wieder etwas im Stollen. Wobei der Vollständigkeit halber gesagt werden muss, dass seit den 1990er-Jahren der Stollen auch als Schaustollen genutzt wird.
Seit 2008 wird aber wieder etwas hergestellt im Bergwerk: kein Silber, sondern Käse. Der Anlagenbauer Franz Möstl, ein Arzberger, hat hier seine Firma Stollenkäse untergebracht. In dem Bergwerk werden nun an die 35 Tonnen Käse gelagert, damit sie in dem speziellen Klima reifen können.
Mölzer sei durch seine Schwester, die in der Schweiz lebt, auf Höhlenkäse gestoßen, erzählt Luttenberger. Dort hat nämlich, ebenso wie in Frankreich, Spanien und Italien das Reifen von Käse in Höhlen Tradition (siehe unten). „Es wurde einmal überlegt, das alte Silberbergwerk als Heilstollen zu verwenden. Daraus wurde dann aber nichts. Aber wenn so ein Bergwerk für den Menschen gut ist, dann kann es für den Käse auch nicht schlecht sein“, sagt Stollenmeister Luttenberger, während er durch das Bergwerk führt. Ein neuer Stollen für den Käse. Wobei streng genommen der Käse nicht dort lagert, wo feinst Silber abgebaut wurde. Es wurde zwar in der Anfangsphase ebendort viel ausprobiert. „Wir haben ein halbes Jahr lang Käse im Stollen reifen lassen und parallel den gleichen Käse in der Molkerei. Der Käse im Stollen hat sich geschmacklich viel besser entwickelt“, sagt Luttenberger, ein gelernter Koch, der mittlerweile KäseSommelier ist. Der ursprüngliche Stol- len, in dem tatsächlich Silber abgebaut wurde, eignet sich für ein Käselager nur bedingt. Nicht nur, weil er viel zu niedrig ist, und die Mitarbeiter ihn nur gebückt betreten können. „Das war ein Seitenschlag, der nur 40 Meter lang war. Das war gleich einmal viel zu wenig für uns“, sagt Luttenberger. Also wurde ein komplett neuer Stollen, mit insgesamt 280 Metern, in das alte Gestein geschlagen. Etwa ein Jahr lang dauerten die Arbeiten. 2009 wurde der Käsestollen mit Käse aus der Obersteirischen Molkerei eingeweiht, 2010 wurde hier der erste eigene Käse gelagert. Der Käsestollen wurde – ähnlich seinem Nachbarn, dem Schaustollen – auf Besucher ausgelegt. Hier werden ebenso Führungen angeboten, inklusive Verkostungen in einer Gaststube im Grubenhaus.
Mittlerweile gibt es mit der Sennerei Leitner in Tulwitz einen Partner, der den Großteil des Rohkäses herstellt. Sieben der derzeit elf Sorten stammen aus dieser Sennerei, die 38 Milchkühe hält. Aber auch andere Betriebe beliefern den Stollenkäse mit dem Rohlingen aus pasteurisierter, sprich wär-