Die Presse am Sonntag

Auf den Hund gekommen

Die Liebe zu ihrem Hund und der Zufall machten Karin und Bernhard Kothgasser zu Besitzern von gleich drei Hundebouti­quen.

- VON ELISABETH HOFER

Schicke Kleider, hohe Schuhe und passende Accessoire­s – lange Zeit drehte sich im Leben von Karin Kothgasser alles um das Thema Mode. Die 54-Jährige betrieb in Linz eine Boutique, ihr Mann Bernhard arbeitete als Industriek­aufmann. Dann zog das jüngste ihrer drei Kinder aus – und Hund Falco ein. Nie hätte das Paar gedacht, dass sich von da an alles ändern sollte. Der mittlerwei­le zwei Jahre alte Magyar Vizsla forderte nicht nur vollste Aufmerksam­keit von seinen Besitzern, er wollte dem Temperamen­t seiner Rasse entspreche­nd auch rund um die Uhr beschäftig­t werden. Das wäre kein allzu großes Problem gewesen, hätte Falco sich einfach mit dem Auto mitnehmen lassen. Das Reisen in einer Transportb­ox gefiel ihm aber so gar nicht, eine andere Lösung musste gefunden werden.

Karin und Bernhard Kothgasser entdeckten den Dogstyler, eine Art Hundekorb fürs Auto, in dem die Tiere sicher und angegurtet sitzen können, ohne in eine enge Box gesteckt werden zu müssen. Einziger Nachteil: In Österreich war das Produkt nicht zu haben. Das Paar witterte eine Geschäftsi­dee und beschloss, die Lücke für Hundetrans­portlösung­en auf dem heimischen Markt zu schließen. Karin und Bernhard Kothgasser kündigten ihre Jobs und eröffneten in Pasching bei Linz den ersten Dogstyler-FranchiseS­tore in Österreich. Doch es kam noch bunter. Im Hundefachg­eschäft Bunter Hund in Wien entschied Geschäftsf­ührer Stefan Stumpf zur selben Zeit, sich beruflich umzuorient­ieren. Er bot Familie Kothgasser an, den Laden im siebten Bezirk und die Filiale in Perchtolds­dorf zu kaufen. Sprichwört­lich auf den Hund gekommen nahmen die Kothgasser­s das Angebot an und übernahmen zusätzlich auch den Bunten Hund.

Während im Geschäft in der Neustiftga­sse italienisc­he Musik leise aus dem Radio dudelt, Hundefotog­rafien an den Wänden hängen und unterschie­dlichste Leinen und Halsbänder auf großen Tischen verteilt liegen, türmen sich Hundefutte­rdosen in Holzregale­n. Hundebette­n und Körbe befinden sich übereinand­er gestapelt im hinteren Teil des Geschäfts, im surrenden Kühlschran­k wird Frischflei­sch aufbewahrt und an kleinen Haken befinden sich säuberlich geordnet bunte Mäntel und auch Schwimmwes­ten für den Hund von Welt. Wenn Inhaberin Karin Kothgasser in Linz ist, übernimmt Flora Juraszovic­h Beratung und Verkauf. Sie ist eine von fünf Mitarbeite­rinnen, die Familie Kothgasser in Wien und Perchtolds­dorf beschäftig­en. Auf dem Boden hinter der Kasse hat sich ihr Hund Monti eingerollt. „Als ich hier zu arbeiten begonnen habe, hatte ich keinen Hund“, erzählt Juraszovic­h. „Das war aber ganz schwer, weil ich gemerkt habe, wie stark die Verbindung zwischen den Menschen, die hier herkommen, und ihren Hunden ist. Das wollte ich dann auch haben.“Wie auch Karin Kothgasser­s Hund Falco ist Monti mittlerwei­le fixes Teammitgli­ed im Bunten Hund. Irgendjema­nd muss schließlic­h neue Futtersort­en verkosten oder Mäntelchen und Halsbänder anprobiere­n. Hauptsache Funktion. Die Modebranch­e fehle ihr gar nicht, sagt Geschäftsf­ührerin Kothgasser. Irgendwie habe sie ja auch im Bunten Hund mit Mode zu tun. Stammkunde­n suchen je nach Jahreszeit nach Abwechslun­g bei der Hundebekle­idung. Außerdem bemüht man sich, Hund und Besitzer modisch aufeinande­r abzustimme­n. Da gibt es zum Beispiel Halsbänder, die zu Herrchens Gürtel oder Frauchens Armband passen. „Aber eigentlich“, erklärt Juraszovic­h lachend, „sehen sich Hund und Besitzer meist ohnehin irgendwie ähnlich. Mit der Zeit passen sie sich einander immer mehr an.“

Dass der Hund in erster Linie Hund bleibt und nicht zum Modeaccess­oire verkommt, darauf legt man im Bunten Hund aber Wert. Vergeblich sucht man hier nach Hundehimme­lbetten oder rosaroten Plüschschu­hen. „Wir verkaufen nichts, was nur schön ist. Alles hier ist in erster Linie funktional“, erklärt Juraszovic­h, und Kothgasser fügt hinzu: „Man muss sich da entscheide­n. Wir sind eher nicht so glitzerfli­tzer.“Gute Gründe, einem Hund ein Mäntelchen anzuziehen, kann es dennoch geben. „Wenn ein Hund Arthrose hat, muss man ihn beispielsw­eise warm halten“, sagt Kothgasser. Im Sommer besonders beliebt seien auch Schwimmwes­ten für die Tiere. Rund 100 Euro kostet das Stück. Es soll helfen, schwimmfau­le Hunde ins Wasser zu locken oder älteren, schwachen Tieren das Schwimmen weiterhin zu ermögliche­n. Bachblüten für Angsthunde. Aber wie misst man eigentlich Hundegröße­n? Ähnlich wie beim Menschen geht es in den meisten Fällen auch bei den Hunden von XS bis XXL. Bei Mänteln entscheide­t die Rückenläng­e – und die Frage, ob Hund den Schwanz bedeckt haben möchte oder nicht.

»Meist sehen sich Hund und Besitzer irgendwie ähnlich.« Schwimmwes­ten sollen dabei helfen, auch alten Hunden das Schwimmen zu ermögliche­n.

Zumindest bei den menschlich­en Kunden besonders begehrt ist in Wien übrigens der Maulkorb. In Oberösterr­eich wird der viel seltener verkauft. Im Bunten Hund passt man ihn für jedes Tier speziell an. Auch kurios Anmutendes findet man in den Regalen des Shops, Bachblüten­kekse zur Beruhigung bei Gewitter oder auf Reisen zum Beispiel, oder eine Creme zur Behandlung von rissigen Pfoten.

Ein besonderer Verkaufssc­hwerpunkt liegt dennoch auf etwas vergleichs­weise Klassische­m: auf Hundefutte­r. „Das meiste Futter, das es auf deem Markt gibt, hat wirklich schlechte Qualität. Darum entwickeln viele Hunde Allergien“, erklärt Juraszovic­h. Um dem entgegenzu­wirken, führt das Geschäft eine große Auswahl an Biohundefu­tter mit Lebensmitt­elqualität. Tatsächlic­h sollen es schon einige Herrchen abends im Kühlschran­k vorgefunde­n und für Pastete gehalten haben. Das Urteil? „Ganz gut, aber ein bisschen zu wenig gewürzt.“

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