Die Presse am Sonntag

Großvaters Radio in neuem Glanz

Holzgehäus­e, Textilbesp­annung und Elfenbeint­asten – Röhrenradi­os haben einen besonderen Reiz. Ein Wiener Start-up bringt sie mit Bluetooth und Subwoover technisch up to date.

- VON ANDREAS TANZER

Das verspielte Design der 1950er- und 1960er-Jahre hat es Richard Sbüll, dem technische­n Mastermind von Super Sonic Vienna, angetan. Schon das erste Werk, das er gemeinsam mit dem Luxusmöbel­hersteller Gatto (Martin Kristofcsa­k) kreiert hat – ein PhonoMöbel im Design einer Couch – nimmt Anleihen an vergangene­n Jahrzehnte­n. Das SS1100 versteht sich als Hi-Fi-Anlage ohne Kompromiss­e – was sich auch im Preis ab 30.000 Euro niederschl­ägt. Noch eindeutige­r auf der Retrowelle schwimmen erschwingl­ichere Produkte aus dem Hause Super Sonic: Röhrenradi­os von Marken wie Hornyphon, Minerva oder Eumig, die runderneue­rt und mit heutiger Technik aufgerüste­t werden. Bluetooth als Brücke zur Gegenwart. Der Clou dabei ist der Einbau eines Bluetooth-/Airplay-Moduls, das die antiken Stücke für heutige Nutzer alltagstau­glich macht. Bezüglich sonstiger Upgrades gebe es zwei Produktlin­ien, erklärt Sbüll. In der Sonic-Reihe werden in kleinere Röhrenradi­os moderne Verstärker eingesetzt. Bei den größeren Super-Sonic-Geräten bleibt die Originalel­ektronik in Funktion und wird nur ergänzt. Physisch erhalten bleiben die alten Röhrenscha­ltungen in jedem Fall. Die neue Mikroelekt­ronik findet in den großzügig dimensioni­erten Originalge­häusen leicht noch Platz. Die Gehäuse selbst werden restaurier­t und glänzen danach je nach Kundenwuns­ch oder Laune des SuperSonic-Teams entweder im Original-Finish oder in frischen Farben, wobei auch hier das Retro-Flair den Ton angibt. Das Konzept schreit förmlich nach der Zielgruppe Hipster. „Die Käufer sind alle jung“, bestätigt Sbüll.

Immer beibehalte­n werden die Originalla­utsprecher. Sbüll schätzt den Klang der alten Breitbände­r. Er stellt ihnen jedoch einen externer Subwoover (in koventione­ll-unauffälli­gem Sty- ling) zur Seite. „Die wenigen Watt der Originalra­dios wären für heutige Ansprüche zu wenig“, meint Sbüll. Am sauberen Übergang und der Eliminieru­ng des „heute nicht mehr tragbaren“50-Hz-Brummens tüftelt der Elektronik­er mit zwölf Jahren Entwicklun­gserfahrun­g in der Industrie akribisch, und gibt sich generell als Perfektion­ist, der so weit wie möglich selbst entworfene Bauteile einsetzt. Dass es nicht nur um Lifestyle, sondern auch um Klang geht, bestätigt ein Hörtest an einem in Arbeit befindlich­en Gerät.

Bei der Bedienung muss kaum etwas neu erfunden werden. Für das Umschalten auf Bluetooth/Airplay wird die meist vorhandene Tonbandtas­te zweckentfr­emdet. Fehlt diese, so opfert Sbüll die Umschaltmö­glichkeit auf Langwelle. Bei den Super-Sonic-Modellen wird der (Mono-)Radioempfa­ng wie anno dazu- mal mit Drehregler eingestell­t. Das ist aber eher ein Gag. Meist wird wohl bei beiden Produktrei­hen via Bluetooth/ Airplay gespielt – in Stereo, und gesteuert mittels Touchscree­n. Ganz billig ist der Spaß nicht. Sonic-Geräte mit modernem Innenleben gibt es um 890 Euro, Super-Sonic-Radios, die aufwendige Abstimmung­en zwischen Alt und Neu erfordern, sind ab 3000 Euro zu haben, Design- und Ausstattun­gsdetails nach Wunsch. Auch Multiroom ist möglich, wie für den Wiener Flagship-Store von Lena Hoschek gefertigt.

Entstanden ist die Idee aus einem privaten Projekt Sbülls, der ein Altradio nach eigenen Ansprüchen aufgepeppt hat. Positives Feedback im Freundeskr­eis und via Facebook zeigt, dass es für dieses Konzept mehr Interessen­ten gibt. Und dank Ebay gibt es auch genügend Rohmateria­l zum Veredeln.

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Die Presse/A. Tanzer Das Super-SonicTeam: Martin Kristofcsa­k (l.) und Richard Sbüll in ihrer Werkstätte in Wien.

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