Bewegte Muskeln aktivieren auch das Hirn
Kinder, die keinen Purzelbaum schlagen können, sind meist auch schlechtere Schüler. Erwiesen ist: Die Schulleistung ist um einiges besser, wenn Kinder und Jugendliche körperlich aktiv sind und nicht nur Fingerübungen am Couchcomputer machen. Denn regelmäßige Bewegung tut nicht nur der Linie und dem Herzen gut, sondern auch dem Hirn. Wer seine Muskeln bewegt, bringt auch das Gehirn auf Vordermann.
„In jedem Alter, vom Schüler bis zum Greis, zeigen jene Menschen, die regelmäßig trainieren, eine deutlich bessere kognitive Leistung“, sagt der Wiener Sportmediziner Paul Haber. Das ist wissenschaftlich bewiesen und hängt auch damit zusammen, dass durch Muskelaktivität im Gehirn vermehrt der Botenstoff BDNF produziert wird. Er wiederum bewirkt, dass mehr neue Nervenzellen gebildet werden – das feuert den Denkapparat an. Der Demenz davonlaufen. Nicht genug damit. Muskelaktivität – egal, ob Joggen oder Krafttraining – fördert auch die Neubildung von Blutgefäßen im Gehirn. „Somit wird das Hirn besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt, was einen positiven Einfluss auf die Entwicklung von Demenzkrankheiten und Parkinson hat“, sagt Haber. Regelmäßige Bewegung sei eines der ganz wenigen Mittel, das wirklich präventiv gegen Demenz wirkt. In einem frühen Stadium kann der Demenz mit Joggen, Nordic Walken, Radeln und Co. sogar entgegengewirkt werden.
Ein bewegter Muskel kann noch mehr: Er schützt bis zu einem gewissen Grad auch vor den „silent inflammations“, stillen Entzündungen im Körper, die Mitschuld an der Entstehung einer Reihe von Krankheiten – von der Arteriosklerose über Zuckerkrankheit bis zum Krebs – haben. Haber erklärt, wie der Muskel das macht: „Der aktive, also der bewegte Muskel produziert hormonähnliche Substanzen, sogenannte Myokine. Sie haben eine anti-entzündliche Wirkung.“Das zeigen neuere wissenschaftliche Erkenntnisse. Großer Sportkongress in Wien. Um weitere brandneue Erkenntnisse geht es beim ECSS (European College of Sport Science, www.ecss-congress.eu/2016), dem weltgrößten Kongress zu Sportwissenschaft, der vom 6. bis 9. Juli im Austria Center Vienna stattfindet. Arnold Baca, Kongresspräsident und Leiter des Instituts für Sportwissenschaft der Uni- In wenigen Tagen Żuf ©em MŻrkt: „Fit mit dem Miniband“, RivŻVerlŻg. PersonŻl TrŻiner MŻrcel Doll zeigt tolle Work-outs für zu HŻuse un© unterwegs. versität Wien, ist zurecht stolz, dass sein Institut diesen Kongress mit rund 2800 Teilnehmern in die Bundeshauptstadt gebracht hat. Die Veranstaltung deckt die Sportwissenschaft in all ihren Facetten ab – pädagogisch, soziologisch, technologisch, trainingswissenschaftlich, physiologisch und psychologisch. „Sport fördert auch die soziale Kompetenz und das Selbstbewusstsein.“Zentrales Thema des Kongresses, so Baca, sei aber die wissenschaftlich abgesicherte gesunde Wirkung von Sport. Krebsgefahr halbiert. Eine aktuelle Wiener Studie zeigt etwa, dass körperliche Aktivität bei Frauen das Thromboserisiko senkt. „Bei Männern tut Sport das freilich auch, aber Frauen haben generell ein höheres Thromboserisiko“, sagt Christian Gäbler, Sportmediziner in Wien und Chefarzt des ViennaCity-Marathons. „Alle Studien der letzten zehn Jahre weisen eindeutig darauf hin, dass regelmäßiger Sport das Leben signifikant verlängert und viele Gesundheitsgefahren drastisch senkt“, fügt er hinzu.
So lassen sich durch regelmäßige Bewegung beispielsweise das Risiko für Osteoporose um 80 Prozent und jenes für Herzinfarkt um 60 Prozent senken. Wer seinen Körper immer wieder trainiert, verringert auch die Gefahr für Krebs, Bluthochdruck und Diabetes um die Hälfte, das Schlaganfallrisiko wird angeblich um 40 Prozent gesenkt. Das schafft kein einziges Medikament der Welt. Gäbler: „Regelmäßiges Fasten erreicht vielleicht ähnliche Erfolge, aber das ist lang nicht so lustig wie Sport.“
Eine weitere gute Nachricht: Lebensverlängerndes Training muss keinesfalls schweißtreibend sein und atemlos machen, schon zügiges Gehen hat diese erfreulichen Wirkungen. Allerdings: Ohne Regelmäßigkeit geht gar nichts, dreimal pro Woche eine halbe Stunde muss schon sein. Aber was ist das gegen fünf oder sechs Lebensjahre mehr? Noch dazu Lebensjahre, die man dank Training aktiver, gesünder und geistig fitter erleben kann.