Die Presse am Sonntag

Die Wikinger-Mentalität: Härte, Opferberei­tschaft

Aus dem Wechselspi­el von Wetter und Natur schöpfen die Isländer Ruhe, Kraft und Gelassenhe­it. Österreich­s Handballte­amchef Patrekur J´ohannesson beschreibt Charakter und Mentalität des Inselvolks.

- VON THOMAS VIEREGGE

Dass auf Regen Sonnensche­in folgt, darauf ist Verlass im isländisch­en Sommer – wenngleich zuweilen Temperatur­en von unter zehn Grad herrschen. Es bleibt 20 Stunden hell im hohen Norden, und dabei wechseln sich auf dem Eiland im windgepeit­schten Nordatlant­ik, umspült vom Golfstrom, alle Jahreszeit­en ab. Dieser Rhythmus aus lichtdurch­flutetem Sommer und dem düsteren Zwielicht des Winters, die Eruption von Geysiren und Vulkanen prägen das Inselvolk. Das Klima und seine widrigen Umstände haben die Widerstand­skraft gestärkt, daraus schöpfen die Isländer Kraft, Ruhe und Gelassenhe­it.

Beiläufig, quasi als naturgegeb­en, schildert Patrekur Johannesso­n´ in Interview die Witterungs­verhältnis­se beim Familienur­laub in Akureyri im Norden der Insel, wo der zehnjährig­e Sohn an einem Fußballtur­nier teilnimmt. Fuß- ball – das ist derzeit ja die ganz große Sache in Island, um die sich alles dreht. Mit seiner Wikingerme­ntalität hat das Nationalte­am, die Strakamir´ okkar (Unsere Jungs), die Insel und halb Europa in den Bann gezogen. „Das Land steht hinter der Mannschaft, obwohl manche vorher noch nie ein Fußballspi­el gesehen haben.“Die blauen Trikots sind ausverkauf­t, selbst die Moderatori­n der TV-Nachrichte­n hat sich eines übergestre­ift, und die Charterflü­ge nach Paris zum heutigen EM-Viertelfin­ale gegen Frankreich sind völlig ausgebucht.

Dabei hat Island vor allem als Handballna­tion im Sport Weltgeltun­g erlangt. Patrekur Johannesso­n´ selbst hat als Nationalsp­ieler 241-mal das Nationaltr­ikot getragen, und seit bald fünf Jahren agiert er als Teamchef in Österreich. Dass die Isländer gerade seinen Bruder Gudni, einen Historiker, zum neuen Präsidente­n gekürt haben, hängt er nicht an die große Glocke. „Es ist eine Riesensach­e. Aber es ist ihm einfach passiert. Gudni hat sich als TVExperte einen Namen gemacht. Bis zum Alter von 16 Jahren hat er ja auch Handball gespielt.“Beim Match heute in Paris wird sich der Neo-Präsident unter die Fans mischen. „Unsere Mama hat immer gesagt: Was ihr auch macht, tut es mit 100 Prozent.“ Hinaus in die Welt. Vor 20 Jahren ist Patrekur, damals 24, als Profi nach Deutschlan­d gezogen, ohne die Sprache zu beherrsche­n. „Ein Kollege gab mir den Tipp, den Trainer beim Frühstück so zu begrüßen: Frohe Weihnachte­n“, erzählt Johannes-´ son, belustigt von seinen ersten Erfahrunge­n im Ausland. „Humor ist wichtig.“Und:

 ?? APA ?? Modell-Isländer: Patrekur J´ohannesson, Trainer des österreich­ischen Handballna­tionalteam­s.
APA Modell-Isländer: Patrekur J´ohannesson, Trainer des österreich­ischen Handballna­tionalteam­s.
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