Und täglich grüßen Van der Bellen und Hofer
Eine Woche Wahlkampfwiederholung wäre genug. Die meisten Bürger verzichten sicher gern auf Doppelsprech, schmutzige Tricks und Dauererörterungen über die Befugnisse des Bundespräsidenten.
Wer gehofft hat, die Neuauflage des Präsidentschaftswahlkampfs werde publikumsschonend in geraffter Form über die Bühne gehen, könnte sich dramatisch getäuscht haben. Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen kennen keine Gnade. Sie haben nach der Urteilsverkündung des Verfassungsgerichtshofs gleich wieder voll losgelegt. Es sind zwar bereits alle erdenklichen Debattenfelder abgegrast, alle Diskussionssteinchen mindestens fünf Mal umgedreht und wirklich alle Befugnisse des Staatsoberhaupts bis in den letzten theoretischen Spinnwebenwinkel ausgeleuchtet, aber das scheint den Elan der beiden unermüdlichen Hofburg-Bewerber nicht zu bremsen.
Keiner will den Neustart in dem knappen Rennen verschlafen. Das ist aus Sicht der Kandidaten verständlich. Nur: Wie soll der Rest der Bevölkerung das tägliche Begrüßungsritual der wahlwerbenden Murmeltiere bis 2. Oktober aushalten? Der Kern eines Fairnessabkommens, über das jetzt so viel geredet wird, müsste darin bestehen, dass sich Van der Bellen und Hofer eidesstattlich verpflichten, bis 25. September auf Weltreise zu weilen. Reisen bildet bekanntlich – und ergäbe in Vorbereitung auf künftige Aufgaben auch außenpolitisch Sinn. Farce. Es verwundert einen ja mittlerweile wenig in dieser Farce, die Österreich der Welt bietet. Hofers Timing verblüfft aber doch: Nur eine Woche nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die Stichwahl wiederholen zu lassen, kündigte der FPÖ-Kandidat auf Ö1 an, dass seine Partei Anzeigen wegen Wahlmanipulation in Pflegeheimen einbringen werde. Zur Erinnerung: Der VfGH hatte keinen Anhaltspunkt für Wahlfälschungen gefunden. Mit seinem Nachsatz hat sich Rechtsstaatshüter Hofer, der Gerüchte über Wahltricksereien offenbar möglichst lang schüren will, gleich selbst widersprochen: „Für mich ist die Sache abgeschlossen.“Ein klassischer Hoferismus: Der Dritte Nationalratspräsident versteht es meisterlich, doppeldeutige Botschaften abzusetzen. Jeder kann sich danach aussuchen, was er hören will. Ähnlich vexierhaft ist seine Einstellung zur EU.
Auf Weltreise werden die Präsident- schaftskandidaten kaum gehen, aber vielleicht darf man sich doch wünschen, dass sie aus ihrer Endlosschleife die eine oder andere Lehre ziehen: Van der Bellen möge aufhören, davon zu schwadronieren, Strache keinen Regierungsbildungsauftrag zu erteilen, selbst wenn die FPÖ eine klare Mandatsmehrheit hätte. Das wäre erstens undemokratisch und zweitens nicht lang durchzuhalten. Hofer wiederum soll bitte seinen Doppelsprech bleiben lassen und sich entscheiden, ob er Biedermann oder Brandstifter sein will.
Auf Schmutzkübel können Grüne und FPÖ gern verzichten, ebenso auf Plakate. Wir kennen die Kandidaten zur Genüge. Und ja, ein einziges TV-Duell reicht sicher aus, es sollte aber moderiert sein. Allein kann man die beiden nicht lassen. Und bitte haltet vor allem die Kampagne kurz und knackig! Die Bürger sind garantiert in der Lage, sich in einer intensiven Wahlkampfwiederholungswoche eine abschließende Meinung zu bilden. Wechselwähler wird es in dieser Konstellation vermutlich nicht viele geben.