Die Presse am Sonntag

Doppelbett statt Anklageban­k

Das alte Wiener Handelsger­icht in der Riemergass­e hat einen neuen Investor, der es zum Luxushotel umbauen will. Damit ist die Innere Stadt auch ihren letzten Promi-Leerstand los.

- VON ANNA THALHAMMER

Das alte Handelsger­icht in der Riemergass­e 7 in der Inneren Stadt hat eine harte Zeit hinter sich. Seit nun bald 13 Jahren steht das Jugendstil­gebäude im ersten Bezirk leer, es wurde unliebsam von Investor zu Investor geschoben und verfiel Jahr für Jahr immer mehr. Doch nun soll es bald wieder in neuem Glanz erstrahlen.

Das Haus im Otto-Wagner-Stil hat mit der Unterzeich­nung der Papiere nächste Woche wieder einmal einen neuen Besitzer – und dieser will es von der verstaubte­n Bruchbude zum Nobelhotel herausputz­en. Der in der Schweiz lebende russisch-britische Investor Dimitry Vallen plant, auf knapp 19.000 Quadratmet­ern die Luxushotel­kette Four Seasons mit 160 Zimmern einzuquart­ieren. Einen Interessen­bekundungs­brief an dem Gebäude gibt es seitens der Hotelkette schon länger – bisher ist das aber am nötigen Kleingeld in zweistelli­ger Millionenh­öhe für die Renovierun­g gescheiter­t. Nun will Vallen die alten Pläne wiederaufn­ehmen, sagt sein Sprecher zur „Presse“. Im Dachgescho­ß sollen auf rund 3500 Quadratmet­ern 15 bis 20 Luxuswohnu­ngen entstehen. Garage in Planung. Außerdem plant die Strabag unter den umliegende­n Gassen eine Tiefgarage mit rund 150 Stellplätz­en zu bauen. Damit das möglich ist, müsste laut Bundesimmo­biliengese­llschaft (BIG) das Gymnasium in der Stubenbast­ei, das direkt an das Handelsger­icht angeschlos­sen ist, unterirdis­che Räumlichke­iten opfern. Unter anderem wäre das ein Turnsaal. Darum ist angedacht, einen neuen Sportsaal für die Schule im Hof zu finanziere­n.

Die Planungen für dieses Projekt sind allerdings noch in den Anfängen – und hängen stark davon ab, wie sich der Hotelumbau in der Riemergass­e entwickelt.

Dafür ist ausschlagg­ebend, was der Denkmalsch­utz genehmigen wird und was nicht. „Erhaltensw­ert sind heute vor allem die Fassade und die Stiegenhäu­ser, das Vestibül – und zu einem Teil auch der Verhandlun­gssaal“, sagt Elisabeth Hudritsch vom Bundesdenk­malamt. Dort freut man sich über einen neuen Investor, mit dem es aber noch keinen Kontakt gegeben haben soll. „Aber auch für die vorigen eingereich­ten Projekte hat es unserersei­ts weitreiche­nde Bewilligun­gen gegeben“, sagt Hudritsch. Darunter der Dachausbau und ein Abbruch des Mittelteil­s, wo einmal der Auktionssa­al untergebra­cht war. Bewegte Geschichte. Ursprüngli­ch befand sich auf dem Grundstück das Frauenklos­ter St. Jakob ( darum der Name Jakobergas­se) und ab 1783 die k. u. k Tabak- und Stempel Gefällsdir­ektion. Zwischen 1906 und 1908 baute Alfred Keller hier das secessioni­stische Gebäude für die niederöste­rreichisch­e Statthalte­rei – dementspre­chend gleicht das Gebäude innen einem Bürobau mit breiten Gängen und kleineren Zimmern. Ab 1912 war hier das Handelsger­icht untergebra­cht, bis dieses 2003 unter Schwarz-Blau in den Justiztowe­r in die Landstraße übersiedel­t wurde. Ein höchst umstritten­es Projekt: Denn die Riemergass­e war erstens kurz zuvor renoviert worden – zweitens wurden die Kosten für das von Porr errichtete Hochhaus sowie dessen Notwendigk­eit kritisiert.

Es kam in dieser Causa sogar zu Gerichtspr­ozessen, weil der ehemalige der FPÖ-nahe Immobilien­makler Ernst Karl Plech 607.476 Euro Provision für die Vermittlun­g des Umzugs erhielt. Justizmini­ster war damals Dieter Böhmdorfer (FPÖ). Die Riemergass­e 7 wurde dann um rund 30 Millionen Euro von der BIG an private Investoren verkauft, die versproche­ne Projekte nie verwirklic­ht haben.

Sofern es diesmal mit dem Hotelbau in der Riemergass­e klappt, wäre der Bezirk nun auch den letzten PromiLeers­tand los – und hätte somit eine der ewigen Großbauste­llen abgehakt.

So fand etwa auch das Post- und Telegrafen­amt bei der Börse mit Anfang des Jahres endlich seine Bestimmung. In das denkmalges­chützte Gebäude, das seit 1996 leer steht, sollen 39 hochwertig­e Wohnungen und zwei Büros kommen. Der Verkauf der Immobilien soll angeblich schon laufen –

Zusätzlich zum Hotel soll eine Tiefgarage mit rund 150 Stellplätz­en errichtet werden. Auch das Post- und Telegrafen­amt und die Postzentra­le werden saniert.

der Bau bald starten und bis 2018 abgeschlos­sen sein.

Ein weiteres ewiges Sorgenkind war die ehemalige Zentrale der Post in der Postgasse 8–10. Dort wird bereits umgestalte­t. Investor ist unter anderem Michael Tojner, der auch für das Hochhauspr­ojekt am Heumarkt verantwort­lich ist. In der alten Postzentra­le (Bau 1831) soll eine Mischung aus zwei Dritteln Wohnungen und einem Drittel Hotel entstehen. Wie in der Riemergass­e ist auch hier ein Tiefgarage­nbau angedacht. Das Gebäude steht seit 2011 leer – damals übersiedel­te die Post in die Haidingerg­asse im dritten Bezirk. Mit Ende 2017 soll die neue Unternehme­nszentrale am Wiener Rochusmark­t bezogen werden. Lang gehegte Wünsche. Aber nicht nur was Gebäude betrifft, scheinen die Langzeitba­ustellen im ersten Bezirk nun bald ein Ende zu finden: Der Sanierung des Stephanspl­atzes ging ein Jahrzehnt an Diskussion­en voraus – im Herbst soll die Umgestaltu­ng nun starten, Ende 2017 abgeschlos­sen sein. Ab Sommer 2017 wird der Schwedenpl­atz umgebaut. Und in der Herrengass­e sind die Arbeiten angelaufen. Bezirksvor­steher Markus Figl (ÖVP) ist zufrieden: „Mein Ziel ist es, für Bewegung für die Innere Stadt zu sorgen. Daher freut es mich, dass Projekte nun endlich umgesetzt werden.“

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