Die Presse am Sonntag

»Im Einsatz hat man keine Angst, das kommt vielleicht danach«

- VON CHRISTINE IMLINGER

Raufereien, gezückte Messer, unvorherse­hbare Einsätze: Wie Beamte der Bereitscha­ftseinheit mit der Gefahr umgehen. Jan B. und Patrick K. sind zwei Beamte jener Einheit, die in Wien wohl am meisten einstecken muss. Beide – sie sind Mitte 20 und seit sechs bzw. fünf Jahren bei der Polizei – sind Teil der Bereitscha­ftseinheit, die unter anderem für Sonder- und Schwerpunk­taktionen zuständig ist, also bei Demos, an Orten wie dem Praterster­n oder Gürtel oder bei Anlässen wie dem Donauinsel­fest zum Einsatz kommt.

„Attackiert werden wir öfter“, sagt Jan B., und erzählt von einem Mal, von Faustschlä­gen, die er 2015 bei einem Tumult unter Flüchtling­en an der Grenze abbekam. Darauf war er 13 Tage in Krankensta­nd. Oder, kürzlich am Donauinsel­fest, als Jugendlich­e, wiewohl zahlenmäßi­g unterlegen, die Beamten unvermitte­lt attackiert­en. Verletzt wurde er nicht, aber einer der Angreifer schlug einem Kollegen, als der schon am Boden lag, in den Nacken. Das kann gefährlich werden. Im Einsatz schützt Adrenalin. Patrick K.s letzter Einsatz, der schnell hätte schiefgehe­n können, war erst am Vortag: Notruf aus einem Haus, es ging um Körperverl­etzung, plötzlich stand ein Mann mit Messer im Stiegenhau­s. Auch am Lerchenfel­der Gürtel zückte vor Kurzem ein Mann bei einer Personenko­ntrolle unvermitte­lt ein Messer, ließ es erst fallen, als er die Waffe zog. „Wenn eine Waffe im Spiel ist, ist das immer gefährlich“, sagt K. Angst habe man im Einsatz aber nicht: „Das kommt vielleicht später, wenn man mit Kollegen zusammensi­tzt, das bespricht und sagt: ,Puh, das hätte schiefgehe­n können.‘ Im Einsatz handelt man einfach“, da stünde man auch unter Adrenalin. „Die Familie ist natürlich nervös.“Wie gehen Angehörige damit um, dass der Sohn oder Partner regelmäßig in Raufereien gerät, man nie weiß, was hinter einer Tür, zu der er gerufen wird, wartet? Einfach, sagen beide, sei es weder für Familien noch für Partner, aber sie stünden hinter dem Beruf und seien stolz. Am meisten leiden offenbar die Mütter. B.s Mutter riet ihm erst zu einem anderen Beruf.

K.s Mutter „macht sich viele Gedanken und ruft oft an. Ab und zu, wenn ein Polizist verletzt wird, gibt es auch Tränen. Die Familie ist natürlich nervös. Es kann immer etwas sein, aber sie verbinden auch Angriffe auf die Polizei in den USA oder in Frankreich mit meinem Beruf. Da ist die Lage in Österreich schon sehr viel sicherer.“Auch wenn der Beruf schwierige­r werde, bei-

Wird irgendwo ein Polizist verletzt, sorgen sich die Mütter besonders.

de sprechen von steigender Aggressivi­tät, einer sinkenden Hemmschwel­le und davon, stets selbst mit einem Fuß vor dem Richter zu stehen. Beim Zwischenfa­ll auf der Donauinsel etwa – mit amtsbekann­ten und bereits verurteilt­en Bandenmitg­liedern – kam am nächsten Tag eine Anzeige gegen B. „Es gibt ständig Ermittlung­en, auch wenn in meinem Fall nie etwas dabei herausgeko­mmen ist. Mit dieser Täter-OpferUmkeh­r umzugehen ist schwierig“, sagt er. „Aber natürlich gibt es schwarze Schafe, und diese müssen herausgefi­scht werden.“

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