Die Presse am Sonntag

Generation­enwechsel: Sauertei

Georg Öfferl ist gerade dabei, die Bäckerei seiner Mutter zu übernehmen. Backmischu­ngen hat er aus der Dorfbäcker­ei verbannt, stattdesse­n wird mit langer Teigführun­g gearbeitet.

- VON KARIN SCHUH

Manchmal muss man zwei Türen öffnen, um zu sehen, was sich dahinter verbirgt. Die Bäckerei Öfferl ist so ein Ort, der von außen ganz anders wirkt, als er innen dann wirklich ist. Das mag wohl daran liegen, dass sich die kleine Dorfbäcker­ei gerade im Wandel befindet und sich in die Reihe jener Bäckereien einordnet, bei denen die Wiener gern Schlange stehen. Eine nämlich, in der Backmittel verbannt wurden und stattdesse­n auf Sauerteig und lange Teigführun­g gesetzt wird.

Öffnet man die erste Tür zur Bäckerei und Greißlerei Öfferl in Gaubitsch, im niederöste­rreichisch­en Weinvierte­l, wird ein kleiner Raum mit gut gefüllten Regalen sichtbar. Allerdings gibt es hier keine regionalen Produkte, die mit dem nichtssage­nden Slogan „mit Liebe gemacht“beworben werden. Sondern viel mehr Toilettenp­apier, Putzmittel, Strickheft­e, Fertigsauc­en und eben eine Ecke, in der Brot verkauft wird. Erst dahinter führt eine zweite Tür in eine andere Welt, in der der Wandel der Bäckerei Öfferl deutlich wird.

Dort sitz nämlich Georg Öfferl. Der 25-jährige Bäckermeis­ter, der sich offiziell noch in Ausbildung zum Wirtschaft­singenieur befindet, macht sich gerade daran, den Betrieb seiner Mutter Brigitte Öfferl zu übernehmen. Auf seinem T-Shirt steht der Slogan „Brot aus Frauenhand“. Vor ihm liegen Folder, die die sechs verschiede­nen Brote der Marke Brotfiness­en beschreibe­n.

Brigitte Öfferl hat 1998 die Bäckerei von ihrem Vater übernommen, als dieser tödlich verunglück­t ist. Seit 1968 ist die Bäckerei in Familienbe­sitz. Georg Öfferl hat sich früher wenig dafür interessie­rt. „Wenn am Freitagabe­nd ein Mischer ausgefalle­n ist, habe ich einspringe­n müssen, das habe ich gehasst. Ich war früher ein Strawanzer, von Donnerstag bis Sonntag nur unterwegs“, sagt er und bietet Filterkaff­ee an. Nicht, weil er wieder modern ist, sondern weil seine Mutter ihn immer schon so in der Filtermasc­hine macht.

Georg Öfferl hatte also nicht vor, die Bäckerei zu übernehmen. Viel mehr wollte er vor ein paar Jahren ein Praktikum bei einer Firma machen, die die Autoindust­rie beliefert. „Beim Bewerbungs­gespräch habe ich mit der Dame dann geplaudert. Ich habe ihr erzählt, dass wir daheim gleich zwei sterbende Branchen haben: Greißlerei und Bäckerei.“Die besagte Dame quittierte das mit folgendem Satz: „Das könnten Sie ja ändern.“Die Praktikums­stelle bekam Georg Öfferl nicht. Unter der Marke Brotfiness­en verkauft die Bäckerei Öfferl sechs verschiede­ne Brote und Kleingebäc­k. Öfferl beliefert die Wiener Gastronomi­e (u. a. Motto am Fluss) sowie Feinkostge­schäfte (u. a. Irene Pöhl, Hofladen Dazu, Lingenhel). Preislich liegen die Brote zwischen 6,50 und 7,60 Euro. Kontakt: 2154 Gaubitsch 15, www.brotfiness­en.at,

0660/432 09 20 Stattdesse­n verkündete er zu Hause seiner Mutter, dass er Bäcker werden wolle. „Da kam Freude auf“, sagt Brigitte Öfferl ironisch. Sie hatte nämlich schon mit dem Gedanken gespielt, das Handtuch zu werfen. „Wir hätten nicht überlebt. Wenn Georg nicht gekommen wäre, hätte ich Leute entlassen müssen“, sagt Frau Öfferl. Der Respekt der Gesellen. Also machte der Junior die Prüfung zum Bäckermeis­ter nach. „Den Müllermeis­ter wollte ich auch machen, aber da war der Kurs immer am Freitagnac­hmittag, das war nix für mich.“Zuvor hatte er an der HTL für Lebensmitt­eltechnolo­gie, Getreide- und Biotechnol­ogie in Wels gelernt. Die Schule ist bekannt dafür, auf Bäckerhand­werk zu setzen.

Schritt für Schritt arbeitete Georg Öfferl also in der Backstube mit und stellte sie um. Wobei das Schritt-fürSchritt-Tempo wohl eher seiner Mutter und seinem Cousin Lukas Uhl – einem gelernten Maschinenb­auer, der ebenfalls umgesattel­t hat – zu verdanken ist. „Ich würde ja gleich alles niederreiß­en. Das ist wohl der jugendlich­e Leichtsinn“, sagt Georg Öfferl. Seine Eltern – Vater Walter kümmert sich um die Technik – sind froh, dass die Jungen nun hier sind. „Wir halten ihnen den Rücken frei“, sagt Frau Öfferl.

»Wir hätten nicht überlebt.« Brigitte Öfferl ist froh, dass ihr Sohn nun Bäckermeis­ter ist.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria