Die Presse am Sonntag

Mit klarer Strategie und Ronaldo

Portugal wird erstmals die EM gewinnen, weil Teamchef Fernando Santos seine Idee konsequent verfolgt und das Team mehr als ihr Superstar ist.

- VON SENTA WINTNER

Die außergewöh­nliche Karriere Cristiano Ronaldos hat sich einen Titel mit der Nationalma­nnschaft verdient, schon deshalb wird Portugal das heutige Endspiel gegen Frankreich gewinnen. Es sind aber nicht nur die Fähigkeite­n des EM-Rekordspie­lers (20 Einsätze) und -Torschütze­n (neun Treffer), die für die Selec¸ao˜ sprechen, sondern das Auftreten der gesamten Mannschaft im Turnier. Mit Minimalism­us in Reinkultur wurde die Chance auf den ersten EM-Titelgewin­n gewahrt, der Einzug ins Finale gibt dem Weg von Fernando Santos recht.

Unbeirrt von Kritik am Fehlen spielerisc­hen Glanzes, Spott für die schwache Chancenver­wertung (112 Schüsse für acht Tore) hat Portugal an seiner Idee festgehalt­en, sich mit drei Remis – darunter das unglaublic­he 0:0 gegen Österreich – durch die Gruppenpha­se gequält, ist mit einem Sieg nach Verlängeru­ng, einem im Elfmetersc­hießen sowie einem einzigen nach regulärer Spielzeit bis ins Finale gekommen.

Das Spiel der Portugiese­n ist nicht immer schön anzuschaue­n und manchmal wie im Achtelfina­le gegen Kroatien als solches gar nicht zu bezeichnen, doch es ist pragmatisc­h, flexibel und letztlich effektiv. Und das Ergebnis ist das Einzige, was für Santos zählt. Auch für Frankreich wird er wieder den passenden Matchplan parat haben, an dessen Vorgaben sich alle – auch Ronaldo – bedingungs­los halten. Das Risiko auf dem Platz wird minimiert, mit Geduld auf den richtigen Moment gewartet, um die eigenen Stärken auszuspiel­en. Denn die Mannschaft ist längst mehr als Ronaldo, ist eine kompakte Einheit aus stabiler, routiniert­er Abwehr, pass- sicherem und kampfstark­em Mittelfeld sowie einem Sturmduo höchster Güte.

In engen Partien machen außergewöh­nliche Spieler den Unterschie­d, und mit Ronaldo hat Portugal einen der allerbeste­n. Rechtzeiti­g für das Finale hat der Weltfußbal­ler zur Form und sich als Stürmer im 4-4-2-System gefunden, bringt seine Vorzüge in Sachen Tempo, Dribbling, Abschluss und Kopfballsp­iel ein, ohne die Mannschaft in eine taktische Abhängigke­it um seinen Wirkungskr­eis zu zwingen. Platz für Genieblitz­e bleibt dennoch ausreichen­d, und wenn sie nicht der Kapitän hat, stehen mit Nani, Quaresma oder Shootingst­ar Renato Sanches auch andere parat. Kritiker, Neider und MessiFans wollen Ronaldo wie 2004 weinen sehen, diesen Gefallen wird er ihnen erfüllen. Mit dem Unterschie­d, dass es diesmal Freudenträ­nen sein werden. Portugal: Rui Patr´ıcio; Cedric, Pepe, Fonte, Guerreiro; Sanches, W. Carvalho, Silva, Joao˜ Mario;´ Nani, Ronaldo.

Portugals Spiel ist nicht immer schön anzuschaue­n, aber pragmatisc­h, flexibel, effektiv.

Zehn Kilogramm Sterlingsi­lber für den Europameis­ter. Der Coupe Henri-Delaunay wiegt zehn Kilogramm, ist 42,5 Zentimeter hoch und nach dem ersten Uefa-Generalsek­retär benannt. Seit 2008 gibt es ein neues Modell, entworfen vom Juwelier Asprey aus Sterlingsi­lber. Wert: 15.000 Euro. Die Trophäe ist ständiges Uefa-Eigentum, gewinnt ein Team dreimal in Folge oder fünfmal die EM, erhält es eine Replika.

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AFP
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