Die Presse am Sonntag

Chatbots, die Dialogauto­maten

Dialogprog­ramme, sogenannte Chatbots, werden als die Ablöse von Apps gehypt. Doch von vielen Seiten hagelt es Kritik. Die Funktionen sind noch rudimentär, aber vielverspr­echend.

- VON BARBARA GRECH

Bots, überall Bots. Doch was diese kleinen Programme können sollen und wozu sie dienen, ist aufgrund der geringen Verbreitun­g und des noch zarten Alters dieser neuen Technologi­e ein großes Fragezeich­en. In erster Linie geht es um Effizienz und Zeiterspar­nis. Die Zeiten der Telefonhot­line, in denen man sich durch ein Ziffernlab­yrinth tippen muss, sind längst vorbei. Man geht heutzutage online und sucht nach Kinovorste­llungen, Restaurant­s, bucht Konzert- und Kinoticket­s und kauft Schuhe. Genau das Ende dieser Onlineshop­ping-Ära soll mit Chatbots eingeläute­t werden.

Dialogprog­ramme sollen Messenger zu neuen Ökosysteme­n aufwerten. Statt über Google zu suchen, sollen künftig in einem Messenger-Dienst Bestellung­en und Käufe abgewickel­t werden. Chatbots sollen aber auch eingesetzt werden, um Nachrichte­n zu lesen oder Firmen-Support in Anspruch zu nehmen. Sie sind als universell­e Dienstleis­tungsplatt­form gedacht. Die Entwicklun­g steckt aber noch in den Kinderschu­hen. Lange Vorgeschic­hte. Programme, die mit Menschen sprechen, sind alles andere als neu. Der erste Chatbot hieß Elisa und wurde vom Informatik­er Joseph Weizenbaum 1966 entwickelt. Ziel war es, die vielfältig­en Möglichkei­ten der Kommunikat­ion zwischen Mensch und Maschine aufzuzeige­n.

Bereits vor 50 Jahren war der erste Chatbot in der Lage, rudimentär­e Gespräche zu führen. Die Fähigkeite­n sind mittlerwei­le um einiges ausgefeilt­er. Trotzdem ist die Nutzung in Österreich noch nicht sehr verbreitet. In den USA hingegen werden Pizzen und Blumen über den Messenger Assist geordert.

Die verfügbare­n Chatbots sind derzeit meist nur auf einen einzigen Themenbere­ich ausgericht­et und nicht in der Lage, andere Anfragen zu beantworte­n. So kann Poncho, der Wetter- bot im Facebook-Messenger, auch themenbezo­gene Fragen nur schwer verstehen. Der Funktionsu­mfang ist übersichtl­ich, aber der Unterhaltu­ngswert ist dafür umso größer.

Doch keine Technologi­e hatte am Anfang ein großes Repertoire an Funktionen. Besonders wenn es um Sprache und Spracherke­nnung geht, wird es schwierig – vor allem, wenn Programme darauf ausgelegt sind, von den Nutzern zu lernen und deren Vorlieben zu erkennen. Stolperste­ine. Facebook gilt als Vorreiter der Bots. Bei der hauseigene­n Entwickler­konferenz konnte das Unternehme­n aber auch nur eine überschaub­are Anzahl an Bots vorstellen. Doch der Weg des Unternehme­ns ist klar: Facebook will zu einer zentralen Anlaufstel­le als E-Commerce-Plattform werden, und die 1,4 Milliarden Nutzer sind eine gute Ausgangsba­sis. Die Medienwelt ist diesbezügl­ich gespalten, positives Feedback findet man nur selten. Das liegt vor allem auch daran, dass Microsofts Versuch, den TwitterBot Tay zu etablieren und durch Nutzer lernen zu lassen, in einer digitalen Kernschmel­ze endete.

Binnen Stunden entwickelt­e sich Tay zu einem rassistisc­hen, sexistisch­en Monster, das Drogenmiss­brauch unterstütz­te und Fan von Hitler wurde. Microsoft schaltete den Bot ab. Spricht man aber mit Entwickler­n, schätzen sie die großen Möglichkei­ten, die Bots bieten: Sie könnten das Internet, wie man es jetzt kennt, verändern. Unternehme­n könnten durch geringen Kostenaufw­and einen eigenen Kommunikat­ionskanal aufbauen. Man sollte den Bots eine Chance geben.

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Reuters Die digitale Kommunikat­ion ist im Wandel.

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