Die Presse am Sonntag

Am Herd

BRANDHEISS UND HÖCHST PERSÖNLICH

- VO N BETTINA STEINER

Teenager wissen alles besser – sie haben da nämlich etwas auf YouTube gesehen. Und sie haben eh schon ur viel für Mathe gelernt. Weshalb sie jetzt Freunde besuchen.

Es gibt ein paar Mythen punkto Kinder, die sich hartnäckig halten. Dass jedes Kuscheltie­r einen Namen hat, etwa. Dass Vierjährig­e auf die Frage „Freust du dich auf dein Geschwiste­rchen?“eine Antwort parat haben. Dass Volksschül­er sich dafür interessie­ren, welchem Beruf der Papa der besten Freundin nachgeht. Und dass sie Spinat hassen.

Der hartnäckig­ste Mythos freilich lautet: Teenager sind schwierig.

Das heißt: Natürlich sind sie schwierig. Sie lassen die nassen Handtücher auf dem Boden liegen, oder noch schlimmer: in ihrem Bett. Sie verschlepp­en Popcorn, Kreuzschli­tzschraube­nzieher, Nagellacke­ntferner und heißen Kakao in ihre Zimmer – oder noch schlimmer: in ihr Bett. Sie wissen alles besser (sie haben da nämlich etwas auf YouTube gesehen), haben eh schon ur viel für Mathe gelernt (weshalb sie jetzt mit Freunden ins nächste Einkaufsze­ntrum fahren), und im Moment helfen sie noch weniger im Haushalt mit als sonst, weil sie nämlich Ferien haben. Der Turnbeutel. Aber das ist nicht gerade exzeptione­ll. Kinder sind in jedem Alter schwierig. Sie machen zum Beispiel in der Gebärmutte­r Gymnastik, wenn die Mama schlafen will. Später schreien sie sich die Seele aus dem Leib, ohne einen Grund anzuführen, fragen 100 Mal am Tag „Warum?“, baumeln in der U-Bahn mit den Beinen, essen kein Obst oder nur Obst oder nur Nudeln, sie vergessen den Turnbeutel zu Hause und das Hausaufgab­enheft in der Schule, finden den Schlüssel nicht, das Handy nicht, den Schlüssel nicht. Sie streiten, wenn sie zu zweit sind, langweilen sich, wenn sie allein sind, sie kommen mitten in der Nacht ins Bett, um zu kuscheln, und wenn man selbst kuscheln will, sind sie voller Sand.

„Ja“, sagen Sie, „aber so sind sie halt in dem Alter! Dafür sind sie knuddelig!“

Und das Gleiche gilt für Teenager. Also das mit dem Alter. Dafür sind sie unterhalts­am: Sie haben die besseren Witze auf Lager, weil sie den lieben langen Tag auf diversen „SMS von letzter Nacht“Seiten Bonmots einsammeln. Sie wachsen nicht mehr aus den Schuhen heraus, was enorm viel Geld spart. Sie kommen überall allein hin, ob ins Schwimmbad oder nach Klosterneu­burg. Sie können einem erklären, wie Snapchat funktionie­rt, und man kann mit ihnen interessan­te Debatten über den Sprachwand­el führen, vorzugswei­se, wenn sie wieder einmal „nice“oder „Tüte“gesagt haben. Und wenn ich am Abend müde nach Hause komme, erkläre ich einfach: „Kocht euch bitte Nudeln!“Und das tun sie dann auch. Teenager sind super. Außer das mit den Handtücher­n. Das mit den Handtücher­n ist wirklich ein Thema.

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