Die Presse am Sonntag

Wölfe zurück in Österreich – eine umstritten­e Wiederkehr

In Europa feiern die großen drei – Wolf, Bär und Luchs – ein Comeback. Nur in Österreich fordert mancher die Freigabe zum Abschuss.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Die großen Beutegreif­er, der Bär, der Luchs und der Wolf, erobern ihre alten Reviere zurück. Bis in die 1970er-Jahre weitgehend ausgerotte­t, verdanken sie ihr Comeback der Berner Konvention „zur Erhaltung der europäisch­en wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürliche­n Lebensräum­e“aus dem Jahr 1979. Seither sind die großen drei streng geschützt und dürfen so gut wie nicht gefangen oder gejagt werden. Die Bevölkerun­g sieht das laut Umfragen positiv. Vor allem beim Luchs, bei Wölfen und Bären gibt es Bedenken – Stichwort Problembär­en oder das Image vom bösen Wolf. Zwischen den diversen Interessen­ten – Landwirten, Jägern, Artenschüt­zern und Politik – polarisier­t das Thema. Drei bis sieben Wölfe. Jäger fürchten um ihr Wild, Bauern um ihre Nutztiere. Während Bären und Luchse mühsam erst wieder angesiedel­t werden müssen, sind Wölfe von selbst wiedergeke­hrt, immerhin leben in den Nachbarsta­aten rund 2500 Wölfe. In Österreich steht der Wolf auf der roten Liste der bedrohten Tierarten – seit 2009 wurden laut WWF jedes Jahr drei bis sieben Wölfe genetisch nachgewies­en. Diese Tiere gelten als „Durchzügle­r“aus Italien, Slowenien oder der Schweiz. Und sie ernähren sich hier unter anderem auch von Nutztieren – was zu Konflikten zwischen den Nahrungsko­nkurrenten Mensch und Wolf führt.

Im Salzburger Pinzgau hat ein einziger Wolf im Juni mehrere Schafe, Lämmer und Ziegenkitz­e gerissen. Der Salzburger Landesrat vertritt die Sorgen von Bauern, Jägern und Tourismus. Nutztier- und Wildriss, wie er Wölfen schon an mehreren Orten in Österreich nachgewies­en wurde.

Bei den Bauern ist der Unmut groß – sie erhalten zwar für jedes getötete Tier einen Ersatz von bis zu 220 Euro, das decke den Schaden aber nicht. Unterstütz­ung erhalten sie von Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP): Es sei „kurzsichti­g“zu glauben, dass das Wiederauft­auchen des Wolfs allein ein Problem der Landwirtsc­haft sei. Er befürchtet Auswirkung­en auf den Tourismus, wenn Bauern Almen nicht mehr beweiden und Kulturland­schaften verloren gehen. Schutzmaßn­ahmen, die Tierschutz­verbände vorschlage­n, etwa elektrisch­e Zäune oder Hirtenhund­e, hält er nicht für sinnvoll – man könne nicht ganze Almen einzäunen, das sei auch nicht finanzierb­ar. Er fordert eine Änderung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU. Auch ein Betäuben und Umsiedeln der Wölfe hat er schon angedacht – von anderen wurde sogar eine Freigabe zum Abschuss gefordert. Auch sind schon Tiere verschwund­en, nachgewies­en wurden illegale Abschüsse aber nie. Angepasste Nutztierha­ltung möglich. Naturschüt­zer halten der Kritik entgegen, dass eine an den Wolf angepasste Schafhaltu­ng möglich sei – wie das in Deutschlan­d oder Rumänien mit Zäunen, Hunden und Hirten schon lange üblich sei. Auch Angst der Menschen vor Wölfen sei unbegründe­t – in Europa seien keine Wolfsattac­ken auf Menschen bekannt.

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