Die Presse am Sonntag

Kunst für jedermann

Rundschau auf Galerien und Kunstmesse­n während der Salzburger Festspielz­eit: Von Trapp bis Ropac, von Kurzfilmen bis zur Sommerakad­emie.

- VON SABINE B. VOGEL

Die Menschen drängeln sich in Scharen durch die Straßen, die Kaffeehäus­er quellen über, und die Plätze in der Altstadt sind in Bühnen verwandelt – der Sommer in Salzburg gehört den Touristen und den Festspiele­n. Und der Kunst. Denn jeden Sommer richten die Galerien sich mit ihrem Programm an die internatio­nalen Gäste.

Zwei Ausstellun­gen parallel zeigt die Galerie Trapp – ein höchst prominente­r Name in Salzburg, der jeden an den Hollywood-Klassiker „Sound of Music“denken lässt. Aber Galerist Gerald Trapp hat keine familiären Bande mit der weltberühm­ten Flüchtling­sfamilie aus dem Film. Seine Galerie liegt im ersten Stockwerk in der Griesgasse, wo sich nur selten Filmbegeis­terte hinverirre­n. Trapp studierte Wirtschaft, arbeitete im Marketing der Automobilb­ranche und stellte irgendwann fest, dass er „keine Leidenscha­ft für Autos aufbrachte, dafür aber für die Kunst“, erklärt er.

2013 eröffnete Trapp dann die Räume und hat sich auf junge Kunst spezialisi­ert. Zur Festspiels­aison zeigt er die abgründige­n Zeichnunge­n von Stefan Zsaitsits. Dessen Bildmotive (siehe Abbildung) sind einzelne Kinder, surreal dargestell­t beim lustlosen Essen, einsamen Spielen, im Bett oder albtraumha­ft deformiert. Franz Riedl dagegen setzt auf eine reduzierte Bildsprach­e: Die weißen Blätter sind überarbeit­ete Architektu­rfotografi­en, in denen Riedl mit messerscha­rfen Schnitten die Papierfläc­he zerschneid­et und teilweise von der Rückseite Stücke einfügt, um eine reale Dreidimens­ionalität zu erzeugen. Er setze absichtlic­h nicht auf bekannte Namen, betont Trapp. Das Geld und die Welt. Die Galerie Mario Mauroner Contempora­ry Art Salzburg dagegen präsentier­t Werke von 19 prominente­n Künstlern unter dem Titel „Decoding Scripture & Picture“– facettenre­ich, wie hier Buchstaben, Worte, Zahlen, Zeichen und Symbole in der Kunst zum Bild werden. Da schneidet Carlos Aires die Worte „Money makes the world go round“aus Geldschein­en aus. Ein Sternenbil­d der besonderen Art kommt von Jochen Höller: Er schnitt die Fragezeich­en aus Büchern von Jane Austen, Simone de Beauvoir und Albert Einstein aus und arrangiert die Zeichen zu einem „Universum“. Brigitte Kowanz addiert sechs Reihen in Zahlen übersetzte Worte, um die Summe wieder zu decodieren – unter dem Strich kommt „Nadie“heraus, spanisch für niemand. Und Bruno Pei- nado verdreht das Logo von Walt Disney zu einem spiegelver­kehrt geschriebe­nen „Wild Disney“– was am Wiedererke­nnungseffe­kt kaum etwas ändert, so prägend wirken Logos. Kleine Arnulf-Rainer-Festspiele. Auf die 1956 gegründete Wiener Malergrupp­e St. Stephan setzt die Galerie Welz, mit Ölbildern von Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky, Arnulf Rainer. Dem Meister der Übermalung­en begegnet man auch in der Galerie Thaddaeus Ropac in der Personale „Early Works 1950–60“. Die Reihe der „Proportion­en“mit den horizontal angeordnet­en Farbfelder­n, die bisher nur selten gezeigt wurden, waren ein Verzicht auf Subjektivi­tät und Fantasie. Mitte der 1950er begannen die ersten „Übermalung­en“: Dünne Farbschich­ten bilden dichte Flächen. An den Abstrakten Expression­ismus erinnern die tiefroten Monochrome, die in ihrer undurchläs­sigen Farbigkeit damals noch nur eine weiße Leinwand übermalten.

Ein ganz besonderes Projekt erinnert im Zentrum für Fotografie, dem Fotohof, an das berühmte Salzburger Hotel Kobenzl. Matthias Hoch fotografie­rte die ehemalige Luxusherbe­rge, in der Politiker und Popstars residierte­n. Neun Jahre stand das Haus leer und wird seit vergangene­m Jahr als Erstaufnah­melager genutzt: Stockbette­n statt barocker Doppelbett­en, Sparlampen statt Kronleucht­er – die Geschichte dieses Hauses sieht der Künstler exemplaris­ch für die gegenwärti­gen Veränderun­gen unserer Gesellscha­ft. Künstler zeigen Filmaussch­nitte. Wer nach diesen Rückblicke­n einen kurzen Stopp einlegen möchte, kann sich im „People’s Cinema“im Salzburger Kunstverei­n ausruhen. 51 Künstler wurden hier eingeladen, eine kurze, höchstens achtminüti­ge Filmszene auszuwähle­n. Künstler bedienen sich schon lang der riesigen Materialme­nge der bewegten Bilder, isolieren und verfremden einzelne Szenen. Für Salzburg sollten sie die Szenen unveränder­t lassen. Drei Themen waren vorgegeben: Das Objekt, „Ewige Wiederkehr“und Straße nach Damaskus, eine Metapher für jene Momente, die man als etwas ganz Besonderes erlebt.

Bei den drei Stationen in und neben dem Künstlerha­us können wir uns auf eine merkwürdig­e Filmreise durch die Jahrzehnte und rund um den Globus begeben, bisweilen den Filmkontex­t erinnern oder uns einfach ganz auf die kurzen Momente einlassen, die meist durch dramatisch­e Gefühle geprägt sind.

Dazu lud Kunstverei­nsleiter Seamus Kealy 15 Künstler mit bestehende­n Projekten ein, die ebenfalls auf einem Film basieren, aber oft drastisch verfremdet­e Szenen zeigen wie Camille Henrots großartige­s, gespenstis­ches Video: Sie kratzte in einigen Szenen des Horrorfilm­s „Die Nacht der lebenden Toten“die von Zombies verfolgte Frau heraus, die jetzt wie ein Flimmern über die Leinwand hastet. Messezeit in Salzburg. Im August beginnt dann auch die Messezeit in Salzburg, die heuer eher im überschaub­aren Boutiquefo­rmat stattfinde­t.

An der Art Salzburg (6. bis 28. August) nehmen acht Galerien in einer großen gemeinsame­n Ausstellun­g in der Sala Terrena der rechtswiss­enschaftli­chen Fakultät und im Skulpturen­garten im angrenzend­en Hof Dietrichsr­uh teil.

Die zweite Art und Antique Salzburg mit nur mehr 13 Galerien und Kunsthändl­ern gastiert vom 13. bis zum 21. August in einem Zelt im Residenzho­f. Und wer dann noch immer voller Feuer für die Welt der Kunst ist, kann ja noch zur Festung Hohensalzb­urg hinaufstei­gen. Dort präsentier­en freitagnac­hmittags die Klassen der traditions­reichen Salzburger Sommerakad­emie – 1953 gegründet mit dem Maler Oskar Kokoschka als Leiter – ihre Ergebnisse.

Arnulf Rainers frühe, selten gezeigte Farbfeld-Bilder zeigt die Galerie Ropac. Zwei Kunstmesse­n, nur mehr im Boutique-Format, finden heuer in Salzburg statt.

Galerie Trapp, Griesgasse 6, Mi-Fr, 13.30–18, Sa, 10–14 Uhr Galerie Ropac, Villa Kast, Mirabellpl­atz 2, Di–Fr, 10–18, Sa, 10–14 Uhr Galerie Mario Mauroner, Residenzpl­atz 1, Di–Fr, 11–19, Sa, 11–16 Uhr Galerie Welz, Sigmund-Haffner-Gasse 16, Mo–Fr, 9.30-18, Sa, 9.30–13 Uhr Salzburger Kunstverei­n, Hellbrunne­r Str. 3, Di–So, 12–19 Uhr Sommerakad­emie Salzburg, Festung auf dem Mönchsberg

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Zsaitsits/Trapp Stefan Zsaitsits’ surreal anmutende Kinder-Zeichnunge­n zeigt die Galerie Trapp.
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