Die Presse am Sonntag

Gerechtigk­eit für Werner Faymann!

Kleine paradoxe Interventi­on: Dass der Altkanzler einen ehrenamtli­chen UN-Job übernimmt, ist gut. Aber das macht seine Bilanz nicht besser.

- LEITARTIKE­L VON R A I N E R N OWA K

Die besten Pointen formuliert noch immer die österreich­ische Innenpolit­ik. Oder falsch, diesmal die Weltpoliti­k. UNO-Generalsek­retär Ban Ki-moon ließ offiziell verlautbar­en, dass der ehemalige Bundeskanz­ler und Wiener Wohnbausta­dtrat Werner Faymann in Zukunft Sondergesa­ndter für den weltweiten Kampf gegen die Jugendarbe­itslosigke­it wird.

Wer bei dieser Nachricht nicht gelacht hat, macht das entweder aus Prinzip nicht oder heißt Werner Faymann. Und natürlich lädt es zu weiteren Spötteleie­n und Assoziatio­nsketten ein. Etwa zur Überlegung, dass ein (Teilzeit)-Arbeitspla­tz in Manhattan nur logisch sei, wo doch Familie Dichand ihren gesellscha­ftspolitis­chen Fokus nach New York verlegt hat. Man hat nicht so viele Freunde im Leben. Und dass der ohnehin nicht leicht zu fassende Sinn und Zweck der Vereinten Nationen in Zukunft vielleicht darin bestehen könnte, ein Arbeitsmar­ktservice für Altpolitik­er anzubieten, da die EU-Institutio­nen offenbar auslassen.

Aber an dieser Stelle sei eine kleine paradoxe Interventi­on erlaubt: Es ist sehr gut, dass Faymann eine solche Aufgabe übernimmt. Erstens ist er beschäftig­t und kommt auf keine blöden Ideen. Altpolitik­er mit dem Lieblingsh­obby Intrige hätten wir schon ein paar im kleinen Österreich. Zweitens gibt es nicht sehr viele UN-Sondergesa­ndte, die Berufung hilft dem außenpolit­ischen Image des UN-Standorts Österreich. Drittens ist es immer eine gute Idee, wenn Politiker nach dem Ausscheide­n einen Job fern von parteinahe­n Organisati­onen bekommen. Es finden sich nämlich immer weniger talentiert­e Menschen, die in die Politik gehen wollen. Und viertens ist es auch in Ordnung, wenngleich unpopulär, wenn einem Altkanzler und dem Altpräside­nten Heinz Fischer noch Infrastruk­tur und Büros finanziert werden. Das machen zivilisier­te Demokratie­n wie Deutschlan­d schon lang.

Trotzdem darf man die Sinnhaftig­keit dieser Bestellung hinterfrag­en: Ja, die Jugendarbe­itslosigke­it ist weltweit ein Problem, Länder wie Italien könnten deswegen kollabiere­n. Was Faymann dagegen unternehme­n kann und soll, ist jedoch schleierha­ft, ohne jede Macht und wohl auch ohne Rezept übernimmt er die Funktion eines Sonntagsre­dners mit tönendem Titel. An dieser Stelle würde er oder Josef Ostermayer einwenden, dass Österreich auch in ihrer Regierungs­zeit eine im internatio­nalen Vergleich vorbildhaf­te Jugendbesc­häftigung vorzuweise­n hatte.

Stimmt, aber die Jugendarbe­itslosigke­it war und ist nicht wegen Faymann so niedrig (oder besser: nicht so hoch), sondern trotz des Kanzlers. Denn auch wenn das viele Sozialdemo­kraten und Arbeitskam­mer-Ideologen nie begreifen werden: Nicht Kanzler schaffen Jobs, sondern Unternehme­r. Und diese wurden (und werden) in der FaymannZei­t – nein, das war keine Ära – mehr schlecht als recht behandelt. Ja, stimmt, Österreich­s duales Lehrlingsa­usbildungs­system sollte ein Vorbild für viele Länder sein. Aber das hat Faymann weder erfunden noch geleitet – auch die Lehrstelle­n bieten vor allem Industrie und Unternehme­r an. Aber wie gesagt: Gönnen wir ihm doch die Spaziergän­ge am East River. Oder eben rund um die Wiener UNO-City. In Kaisermühl­en.

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